Der Luxusuhren-Hersteller Rolex macht – trotz weltweiter Finanzkrise – einen Jahresumsatz von etwa drei Milliarden Schweizer Franken. Den seit mehr als 100 Jahren währenden Erfolg hat das Unternehmen den Ideen und der Technik­verliebtheit seines Gründers zu verdanken.

Die Beliebtheit einer Marke erkennt man häufig daran, wie oft und wie gut sie imitiert wird. Lange, bevor es beim Thema Raubkopien nur um Hollywood-Blockbuster und Designerlabels ging, sah man bereits deutlich, dass ein Luxus-Chronometer beliebter sein musste als alle anderen: die Rolex-Herren­armbanduhr. Manche werden sich vielleicht noch an die Zeit vor ein paar Jahrzehnten erinnern, als man von italienischen Straßenhändlern oder auch in den Ungarn-Geschäften, die plötzlich in Wien aus dem Boden schossen, fast perfekte Rolex-Uhren erstehen konnte – und zwar um lächerlich wenig Geld. Sie sahen so aus wie die echten Modelle, lagen genauso schwer und protzig ums Handgelenk, verliehen dem Träger mit ihrem Gewicht die Sicherheit, ein richtiger Mann zu sein. Aber sie hatten winzige Fehler, zum Beispiel, dass auf dem Zifferblatt statt „Officially Certified“ der mysteriöse Text „Ufficial Cortefyld“ stand. Das lag wahrscheinlich daran, dass die Fälscher schwer kurzsichtig oder der englischen Sprache nicht hundertprozentig mächtig waren. Doch das machte nichts – die massiven Uhren gingen ohnehin falsch und gaben binnen weniger Wochen den Geist auf. Danach konnte man sie nur mehr zum Nägeleinschlagen verwenden…
Die Herstellung einer echten Rolex hingegen bedeutet Präzisionsarbeit: unzählige Arbeitsstunden, technisches Können und edles Material – das wissen auch Promis zu schätzen:

Schweizer Austern

Immerhin bewies Rolex als eine der ersten Uhrenfirmen ein Markenbewusstsein, wie es heu­te allgemein üblich ist. Der Firmengründer Hans Wilsdorf stellte sich bereits 1908 gegen ein bis dahin ehernes Gesetz der Chrono­me­ter­branche. Bis dahin trugen Uhren nicht den Namen des Herstellers, sondern den des Ver­käu­fers – und das wollte Wilsdorf ändern. Eine Jubiläumsschrift des Unternehmens aus dem Jahre 1945 zitiert die damaligen Überlegungen des Gründers: „Die Hindernisse schienen vorerst unüberwindbar; ich wusste aber, dass es für uns keine Zukunft geben würde, wenn es uns nicht ge­länge, unsere Uhr unter ihrem eigenem Na­men bekannt zu machen. Der erste Schritt war die Wahl des Namens selbst. Er war so kurz und einprägsam, dass daneben auf dem Ziffer­blatt auch der Name des englischen Uhren­ge­schäftes noch genügend Platz hatte. Was aber besonders wertvoll ist: Rolex tönt gut, ist leicht zu behalten und wird zudem in allen europäischen Sprachen gleich ausgesprochen.“

Eine offizielle Erklärung für die Wahl des Namens gibt es nicht – Legenden wie die Herkunft aus den französischen Wörtern „horlogerie exquisite“ („exquisite Uhrmacherei“) oder dem spanischen „reloj excelente“ („exzellente Uhr“) konnten nie bestätigt werden. Der Name Rolex wurde jedenfalls 1908 offiziell registriert; die fünfzackige Krone über dem Markennamen kam erst in den 40er Jahren des vergangenen Jahrhunderts dazu. Aber da hatten die Uhren der Schweizer Manufaktur be­reits Weltruhm erlangt. Wie bei vielen klassischen Erfolgsge­schich­ten waren die Anfänge auch bei dieser klein und unscheinbar.

„Der Name Rolex klingt gut, ist leicht zu behalten
und wird zudem in allen europäischen Sprachen gleich ausgesprochen.“
Hans Wilsdorf

Hans Wilsdorf wurde am 22. März 1881 in der bayrischen Stadt Kulmbach geboren. Sei­ne Eltern waren Besitzer einer Eisen­handlung, starben aber bald nach­ei­n­ander, sodass der kleine Hans be­reits im Alter von zwölf Jahren Voll­waise wurde. Er kam in ein In­ternat in Coburg und erhielt ei­ne kaufmännische Ausbildung. In der gutbürgerlichen Schule lernte er einen jungen Schweizer kennen, der sein Interesse für das Nachbarland weckte – also ging er im Alter von 19 Jahren nach La Chaux-de-Fonds, um als Angestell­ter in ei­nem Im­port/Export-Geschäft zu arbeiten. Nur drei Jahre später zog es ihn nach Lon­don, wo er selbst eine Uhrenimportfirma gründete und die Generalvertretung für den Schwei­zer Uhrenhersteller Aegler übernahm. 1905 gründete Wilsdorf dann mit dem Ge­häu­sebauer Davis das Großhandelsunter­neh­men Wils­dorf & Davis sowie eine eigene Uhren­manu­faktur. Da es ihm schnell gelang, die besten Uhrmachermeister für seine Firma zu finden, erhielt seine Manufaktur 1914 von der Londoner Sternwarte nach einem 45 Tage dauernden Test das erste Armband-Chronometer-Zeugnis – das „Kew A Chrono­meter Certi­fi­cate“. Er be­schloss, dass von nun an alle seiner Uhren diese strengen Tests bestehen mussten, bevor sie in den Handel gelangten. Wegen der hohen Einfuhrzölle, die die britische Regierung während des Ersten Welt­kriegs verhängte, siedelte Wilsdorf noch im selben Jahr sein Unternehmen im Schweizer Ort Biel an. Dort machten sich die lokalen Meis­teruhr­macher daran, jene Uhr zu erfinden, die Rolex 1927 den internationalen Durch­bruch bringen sollte: die Oyster. Das völlig staub- und wasserdichte Armbanduhr­modell machte seinem Namen alle Ehre: Es überstand den beinahe gelungenen Versuch der bekannten Schwim­merin Mercedes Gleitze, zum zweiten Mal nonstop den Ärmelkanal zu über­queren. Das französische Wetter zwang die Sportskanone kurz vor der Küste zum Auf­geben; die von Hans Wilsdorf zu Werbe­zwecken geschenkte Uhr hatte die mehr als acht Stunden im kalten Salzwasser jedoch problemlos überstanden und lief unverändert genau. Nur wenige Tage danach erschienen ganzseitige Rolex-Inserate, die die Auster aus der Schweiz zu Recht als „die Wunderuhr, die den Elementen trotzt“ priesen.

Uhren für Arme

Dabei war die Armbanduhr kein Viertel­jahrhundert vorher noch gar nicht sehr beliebt – zumindest nicht bei den Herren von Welt, die nach wie vor lieber eine edle Taschenuhr mit Kette in der Westentasche versteckten. Da bis dahin nur Society-Ladies ihre Uhren am Arm getragen hatten, galten solche Modelle bei den Herstellern als „unmännlich“. Zudem gab es Diskussionen über die Größe des erforderlichen Uhrwerks; die Uhrmacher fürchteten, dass sie es so klein machen müssten, dass es normale Aktivitäten (was Männer halt so tun…) nicht überstehen würde und außerdem für Staub und Feuchtigkeit anfällig wäre. Doch Hans Wilsdorf war auch in diesem Punkt seiner Zeit voraus. Er war überzeugt davon, dass die Armbanduhr eine große Zu­kunft hatte und bestellte bei seinem Schweizer Lieferanten preiswerte, kleine Uhrwerke mit Ankerhemmung in großer Stückzahl. Obwohl diese Uhrwerke für ihre Präzision bekannt waren, ließ Wilsdorf noch jedes einzelne von seinen eigenen Uhrmachern testen, bevor er sie auslieferte. Bald galt es als schick, eine Uhr am Arm zu tragen. Die ersten Modelle waren vorwiegend aus Silber und kamen noch mit Uhrenarmbändern aus Leder daher; später wurden dann schon gern goldene Uhren mit flexiblen Armbändern gekauft. Auf diese Art wurde Wilsdorf noch vor Erfindung der Marke Rolex zu einem der erfolgreichsten britischen Uhrenhändlern.

Erst mit dem Erfolg der Oyster galten Arm­banduhren als maskulin, sportlich und robust; nicht umsonst hat sich das Design der Uhr in den vergangenen 80 Jahren kaum verändert. Gehobene Zeitmessung ist eben zeitlos. Nur tech­nische Einzelheiten verbesserte der Fir­men­gründer mit unermüdlicher Energie: 1931 entwickelte er den ersten rotorbetriebenen Auf­zugs­mechanismus für die Oyster Perpetual, womit er den Vor­läu­fer der späteren Automa­tik­uhren geschaffen hatte. Am Ende des Zwei­ten Welt­kriegs erhielt das edle Stück dann noch den Namenszusatz Datejust und wurde zum weltweit ersten Chronometer mit einem automatischen Datumswechsel. Soviel Qualität kostet natürlich Geld – ebenso wie der gute Name. Die Rolex wurde schnell zum Statussymbol, und das nicht nur in besseren Kreisen, sondern auch unter Neureichen und in der Halbwelt. Um nicht alleine von diesen Leuten und ihren Launen abhängig zu sein, gründete Wilsdorf bereits in den ersten Unternehmen­s­jah­ren verschiedene Handelsmarken, mit de­nen er seinen Marktanteil erhöhen wollte. Sie trugen Namen wie Rolco, Roltwatco, Genex, Marcon oder Aqua, sind mittlerweile aber wieder vom Markt verschwunden – bis auf eine. Die schon 1926 eingetragene Marke Tudor (von deren Verwandtschaft mit Rolex kaum jemand weiß) entsprang dem Wunsch des Fir­mengründers, eine Uhr von der Zuverlässigkeit der Rolex anzubieten, die im Segment der „günstigen“ Luxusmarken verkauft werden konnte. Nach dem Zweiten Weltkrieg etablierte sich Tudor immer mehr – und liefert heute zwar immer noch keine Uhren für Arme, überzeugt jedoch durch Leistbarkeit und Qualität.

Höhen und Tiefen

Seine prominenteste Marke besetzte Hans Wilsdorf aber immer mehr mit einem Abenteurer-Image. Wenn der Anteil der Tiefsee­taucher an der Gesamtbevölkerung auch ziemlich gering war und ist, kommen die diversen Rolex-Taucheruhren wie die Submariner und die Sea-Dweller (die mittlerweile wasserdicht bis 3900 Meter ist – also in eine Tiefe, wo au­ßer James Cameron niemand hinkommt) vor allem bei Managern gut an. Wenn man schon nichts erlebt, möchte man wenigstens am Handgelenk super aussehen…
Werbeträger wie Paul Newman machten die Rolex Daytona auf der Leinwand zum Ob­jekt der Begierde. Andere wollten im wirklichen Leben hoch hinaus: Als sich der Neu­seeländer Sir Edmund Hillary und sein Sherpa Tensing Norgay 1953 an die Erstbesteigung des Mount Everest wagten, trugen die beiden Bergsteiger und ihr gesamtes Team die eigens entwickelte Explorer, der auch Temperatur­un­terschiede von 70 Grad nichts ausmachten. Hillarys würdiger Nachfolger Reinhold Mess­ner erkletterte 25 Jahre später den höchsten Berg der Welt ohne Sauerstoffgerät – aber mit einer Datejust am Arm.

Wer so hoch hinaus kann, den zieht es auch in die tiefsten Tiefen: Der berühmte Schweizer Tiefseeforscher Jacques Piccard tauchte mit seinem Bathyscap im Jänner 1960 in 10.916 Me­ter Tiefe, um den Marianengraben – den tiefsten Punkt der Erde – zu erforschen. Die speziell angefertigte Rolex für diese Expedition hatte er außen an seinem Gefährt befestigt, wo sie den ungeheuren Druck von einer Tonne pro Quadratzoll aushalten musste. Auch dieser Belastung hielt der Chronometer stand. Wenige Monate nach diesem Triumph, am 6. Juli 1960, starb Hans Wilsdorf auf seinem Sommersitz in Genf. Vorher hatte der kinderlose Erfolgsunternehmer sein Firmenkapital noch einer gemeinnützigen Stiftung übertragen, die der Hilfe für sozial Schwächere gewidmet ist – und jährlich prominente Persönlich­keiten wie Franco Zeffirelli oder Placido Do­mingo auszeichnet, die sich für humanitäre Zie­le engagieren. Wilsdorfs Nachfolger setzen nicht nur die Förderungstradition fort, sondern auch die Imagebildung über typisch männlich-riskante Beschäftigungen. So stieg Rolex unter dem aktuellen CEO Riccardo Marini vor kurzem etwa als „offizieller Zeitnehmer“ in die Formel 1 ein. „Rolex und die Formel 1 verkörpern beide den Geist des Abenteuers, überlegener Technik und dem Wunsch, immer an die Grenzen zu gehen“, kommentierte Marini den Vertragsab­schluss. „Dieses Streben spricht vor allem jüngere Generationen sehr an.“ Und die wollen schließlich auch immer wissen, wie spät es ist…
www.rolex.com/de


Zeitnehmer und Geldgeber

Rolex wirbt nicht nur mit Prominenten aus Sport und Kultur, sondern fördert auch Forscher und Entdecker, Künstler und Athleten, Unternehmer und Schüler. Im folgenden finden Sie einige Beispiele für die wissenschaftlich-kulturelle Sponsorentätigkeit der Schweizer Uhrenlegende.

Pfeifen und Trommeln Rolex fördert den französischen Sprachforscher Julien Meyer, der vom Aussterben bedrohte gepfiffene und getrommelte Sprachen erhalten will – mit Hilfe des Internets.
Sibirische Verhältnisse Nomaden sind bekanntlich viel unterwegs; daher brauchen ihre Kinder auch eine mobile Schule, die ihnen traditionelles und modernes Wissen vermittelt. Und die kriegen sie dank Unterstützung aus der Schweiz jetzt.
Altstadt Die Felsenstadt Petra in Jordanien ist 2500 Jahre alt und eines der beliebtesten Touristenziele der Gegenwart. Den Schutz des Kulturdenkmals vor den Auswirkungen der modernen Zeit lässt sich Rolex einiges kosten.
Out of Africa? Kommen unsere Vorfahren wirklich vom ehemals „dunklen Kontinent“ – und wo gingen sie von dort aus hin? Die älteste Hominidenfundstätte außerhalb Afrikas liegt in Georgien, und die Archäologen brauchen mehr als Uhren.
Medizin aus dem Netz So sehr sich die Ärzte in einem kenianischen Slum auch anstrengen, so wenig Chancen haben sie, Krankheit und Armut ganz alleine zu bekämpfen. Mit gesponserten Mobiltelefonen und Rat aus aller Welt geht’s leichter.
Frisch gepflastert Der australische Mediziner Mark Kendall arbeitet an einer Methode, die teure Impfmethode via Spritze (bei der der Impfstoff immer kühl gehalten werden muss) durch sein „Nanopatch“-Pflaster zu ersetzen. Rolex ist dabei.