Nur das Burgenland haben im Jahr 2015 weniger Touristen besucht. Oberösterreich gilt als Geheimtipp unter erfahrenen Reisenden, die Erholung, Genuss und Natur statt Action und Massentourismus bevorzugen.
Das viertgrößte Bundesland Österreichs liegt nach Tirol, Salzburg, Wien, Kärnten, Steiermark und Vorarlberg erst an siebenter Stelle, was die die touristischen Nächtigungszahlen in Österreich (2015) betrifft. Statistisch betrachtet hinkt also Oberösterreich den anderen Bundesländern nach, was Einkünfte aus dem Tourismus betrifft. Andererseits aber macht der Umstand, dass das Land nicht von Touristen überlaufen ist, diese Region für Qualitätstouristen interessanter. Im Wesentlichen werden wir uns auf unserer kleinen Oberösterreich-Rundreise den zwei wichtigsten Regionen widmen, dem Mühlviertel im Norden und Westen des Landesund dem Salzkammergut, das an Salzburg grenzt.
„Wenn Reisende ein sehr großes Ergötzen
auf ihren Bergklettereien empfinden,
so ist für mich etwas Barbarisches,
ja Gottloses in dieser Leidenschaft.“
Johann Wolfgang von Goethe
COVER hat einige Hotels getestet, wo man in Oberösterreich näctigen kann und vor allem, wo man angeblich auch gut isst – denn was nützt der schönste Urlaub, wenn man schlecht gelaunt vom Tisch aufsteht. Gutes Essen ist einer der wesentlichsten Bestandteile eines geglückten Urlaubs. In Oberösterreich gibt es 2016 gerade einmal 41 Haubenlokale, damit ist das viertgrößte Bundesland kulinarisch auf Rang acht und beinahe Schlusslicht vorm Burgenland. Das kleine Vorarlberg freut sich über 45 Haubenlokale.
Entschleunigen im Mühlviertel, direkt am aufgestauten Fluss, inmitten von Grün und wunderbar ruhig. Eine wahrhaftige Idylle und dazu ein gastronomisches Highlight: der Mühltalhof bei Neufelden.
Hierher kommt man, um zu essen, nicht wegen Spa, Wellness oder sonstiger Trends, die zusätzliches Geld in die Hotelkassen bringen sollen. Ein Platz für kulinarische Genüsse, wie er schöner einfach nicht sein könnte: Inmitten von Grün und wunderbar ruhig. Direkt am Fluss erkochte sich Helmut Rachinger mit seiner genial regionalen Küche 3 Hauben. Der Mühltalhof mit seiner ungemein familiären und kunstsinnigen Atmosphäre schafft ein wunderbares Wohlgefühl – nicht nur beim Essen. Auch wenn Wohnen in den schlicht aber geschmackvoll eingerichteten Zimmern Nebensache ist: Der Hedonist dankt, wenn er zum Essen auch was passendes trinken kann, ohne dabei auf die Promille achten zu müssen. Helmut Rachinger machte aus dem Mühlviertler Betrieb eine Adresse, die auch international für Aufsehen sorgte – jetzt tut sich abermals Bemerkenswertes: Sohn Philip ist heimgekehrt, sie stehen nun Seite an Seite in der Küche. Der Junior hat sich nach ein paar Jahren im Steirereck bei internationalen Spitzenköchen „die Hörner abgestossen“ und wird nun dem Vater zeigen, „wo der Bartl den Most holt“. Nach dem Sketch in London, arbeitete er als Souschef in Isaac McHales gefeierten Clove Club, danach wechselte er ins Saturne nach Paris. Die Rachingers stehen zwar erst am Anfang ihres Abenteuers – noch gibt es eine Speisekarte, die auf Wunsch gereicht wird – am Tisch aber wird der Gast charmant aufgefordert, sich der Küche auszuliefern, was in einem mit 49 Euro fast verschämt günstigen Überraschungsmenü resultiert.
Von COVER 2015 getestet
www.muehltalhof.at
Im Mühlviertler Geinberg hat die Österreichische Vamed AG 1998 ein Thermalbad eröffnet, welches 2015 um die Luxusoase Geinberg5 erweitert wurde, um auch betuchten Gästen ein adäquates Thermenerlebnis zu ermöglichen.
Bei der Eröffnung wurden die privaten Villen des Geinberg5 mit den Malediven verglichen – inzwischen hat man die Übertreibung eingesehen und stattdessen Mediterraner Luxus gewählt – stimmt immer noch nicht. Die hübsche Anlage braucht sich nicht mit Mittelmeer oder Malediven zu vergleichen – sie ist einzigartig in der Österreichischen Wellnesslandschaft. Die luxuriösen Villen am (fast)privaten Naturbadeteich lassen keine Wünsche offen. Die Villen besitzen einen privaten Wellnessbereich mit finnischer Sauna, Dampfbad, Außen-Whirlpool mit 36°C-Thermalwasser und offenem Kamin. Von der Terrasse können die Gäste direkt in den 3.000 m² großen Naturbadeteich springen. Masseur und Kosmetikerin kommen zu den Anwendungen in die Suite. Room- und Butlerservice erfüllen den Villenbewohnern fast jeden Wunsch. Und wer die Nähe zum gemeinen Volk sucht, erreicht in wenigen Minuten die angeschlossene Thermenwelt des Geinberg SPA Resorts (fünf Pools, elf Saunen, Fitnesscenter, karibische Salzwasser-Lagune mit Sandstrand und Palmen etc.). Das Geinberg5 verwöhnt seine Gäste auch mit kulinarischen Highlights: Chef Peter Reithmayr und sein Team erreichten im neuen Falstaff 90 Punkte und zählen damit zu den zehn besten Restaurants in Oberösterreich. Das neue „Just Detox“-Programm des Geinberg5 umfasst medizinische Betreuung und ein wissenschaftlich abgesichertes Ernährungskonzept statt strenger Diäten. Genuss steht im Vordergrund. In Geinberg5 muss niemand morgens um 7:00 sein Kur-Süppchen auslöffeln.
Von COVER 2015 getestet
www.geinberg5.com
In Afiesl, der kleinsten Gemeinde des Mühlviertels, hat sich das Bergergut in den letzten 25 Jahren vom einfachen Landgasthof zum ersten Fünfsternehotel der Region entwickelt.
Gault Millau beschreibt 2015 das Bergergut als „stilistisch zwischen Schloss Schönbrunn und Blaue Lagune angesiedelt“. Innen bietet das Hotel einen „abenteuerlichen Mix aus unterschiedlichsten Stilen“. Irmgard Pürmayer hat das „Love Hotel“ ordentlich aufgemöbelt. Hier findet sich der barock-schwule Trend der letzen Jahre, von der Chefin selbst auf der Maison & Objet-Messe in Paris ausgesucht. Im Bergergut dreht sich alle um die Liebe, es gibt so genannte Love-, Kuschel- und Romantiksuiten. Lexika definieren Suite als „Flucht von Räumen, besonders Zimmerflucht in einem Hotel“. Das Bergergut schwindelt, wenn es bei Zimmern, in denen noch dazu das Bad integriert ist, von einer Suite spricht. Es gibt keinen Rückzugsort für Frauen, damit sie sich im Bad ungestört dem widmen können, was Frauen im Bad eben so machen. Doch die Zimmer sind luxuriös – bis auf die Bettwäsche. Polyestergefüllte Pölster passen nicht zu einem 5-Sterne-Haus. Es werden alternativ andere Pölster angeboten, doch die Frage danach löste einige Verwirrung beim Personal aus. Neben „Liebe“ wird noch das Wort „Privatissimum“ strapaziert, was angesichts der kleinen Pools nicht zutrifft, hier kommen die Paare einander schnell zu nahe. Dafür bietet das Restaurant Platz für intime Dinner – und die Küche von Chef Thomas Hofer trägt schnell zur guten Laune der Gäste bei. Dafür wurde das Bergergut auch mit einer Haube belohnt. Die Gegend eignet sich zum Wandern, ein Besuch beim Künstler Malcolm Poynter im nahegelegenen Ort Aigen-Schlägl zählt zu den Highlights in dieser beschaulichen Gegend.
Von COVER 2015 getestet
www.romantik.at
Ein biederes Hotel macht den Traunsee zum Traumsee. Direkter Seezugang vom Zimmer aus, eine herrliche Aussicht auf die malerische Landschaft und ein Hotelrestaurant mit zwei Hauben versprechen eine perfekte Auszeit.
Hätten wir es nicht mit eigenen Augen gesehen, würden wir es bezweifeln. Im schmucklosen Ort Traunkirchen verbirgt sich hinter der ebenfalls schmucklosen Fassade vom Hotel Das Traunsee einer der schönsten Flecken Österreichs. Kein Luxus, aber ländliche Romantik pur – mit Enten, Schwänen, Holzstegen und einer Aussicht, wie von Luis Trenker erdacht. Innen wirkt das Hotel freundlich und auch optisch bemühter als es die Fassade vermuten lässt. Die Zimmer sind schlicht aber funktionell, viele haben eine kleine Terrasse mit direktem Zugang zum See, im Sommer die wahrscheinlich beste Art, dem Massentourismus zu entfliehen. Und außerdem gibt es da noch Küchenchef Lukas Nagl, der die Gäste mit zwei Gault Millau-Hauben nach allen regionalen Regeln der Kochkunst verwöhnt. Auch in der Vor- und Nachsaison wird einem bestimmt nicht langweilig in Traunkirchen: Nach Hallstatt sind es zum Beispiel nur eineinhalb Stunden mit dem Auto, wer die Nachbildung von Hallstatt in Huizhou in der chinesischen Provinz Guangdong sehen will, fliegt ca. 21 Stunden von Salzburg dort hin. Traunkirchen selbst bietet außer dem See und einigen Wanderwegen noch eine sympathische und engagierte, sowie gut sortierte Galerie mit Werken zeitgenössischer Künstler. Sogar für Shoppingbegeisterte haben sich die Traunkirchner etwas einfallen lassen und eine hübsche “Greisslerei” eröffnet. Hier findet sich traditionell Regionales, schlicht Modernes und Handwerksgut von hoher Güte aus ganz Europa für qualitätsbewusste Konsumenten.
Von COVER 2016 getestet
www.traunseehotels.at
Wer hat nicht schon einmal davon gehört: „Im Weissen Rössl am Wolfgangsee, da steht das Glück vor der Tür“ – sang Peter Alexander 1960. Auch heute verspricht der Klassiker aller Seehotels Glück für Hedonisten auf Reisen.
Das ursprüngliche Hotel „Weiße Rössl“ entstand 1878. Im Jahr 1912 übernahm Paul Johann Peter das Hotel – jetzt befindet sich das Familienunternehmen in der dritten Generation. Derzeitiger Besitzer Helmut Peter war von 1990 – 1999 auch Österreichischer Nationalrat. Das „Weiße Rössl“ diente dem Singspiel Im weißen Rößl von Ralph Benatzky (1930) als Hintergrund, zudem auch als Kulisse zahlreicher Verfilmungen, darunter „Im weißen Rößl“ (1960) mit Peter Alexander als Kellner Leopold und Waltraut Haas als Rösslwirtin. Heute ist das Weiße Rössl ein traditionsbewusstes Haus mit allen Annehmlichkeiten, die man sich von einem prominenten Hotel erwartet. Auch wenn das Interieur etwas verstaubt scheint, ist alles gut in Schuss. Das Hotel ist über die Jahrzehnte gewachsen und besteht aus mittlerweile neun Bauten. Der Großteil der Zimmer bietet einen umwerfenden Seeblick. Gault Millau 2016 zeichnet Chef Peter Dengg vom Restaurant Kaiserterrasse mit einer Haube aus. Die Spezialität des Hauses, Rösslingsfilets (Alpenlachs/Seesaibling) aus eigener Zucht, mit Eierschwammerln, Lauchpüree und Erdnüssen sind wahrlich ein Genuss. Eine besondere Sensation ist auch der beheizte Außenpool, der dazu einlädt, auch im Winter „im See zu baden“. Hauptsaison ist sowieso out – wer etwas von seinem Urlaub haben will, geht im Frühjahr oder im Herbst auf Reisen. Da ist es auch in Sankt Wolfgang am schönsten, wenn alles blüht oder in den Herbstfarben leuchtet – und das alles von der Sonnenterrasse aus zu betrachten ist.
Von COVER 2016 getestet
www.weissesroessl.at
Nomen est Omen – wer diesen Namen trägt, ist gutem Geschmack verpflichtet: Iris Porsche hat sich in Mondsee ein Hotel (um)gebaut, das dem Namen Porsche alle Ehre macht, auch in der Küche.
Das Zentrum der Gemeinde Mondsee am gleichnamigen See ist zu Fuß schnell abgegangen. Ein paar Trachtengeschäfte, Schuhgeschäfte aus dem vorigen Jahrtausend, ein Antiquitätenladen der nur samstags offen hat und ein Kaffeehaus mit schlechtem Kaffee und jeder Menge Punschkrapferl. Dazu noch ein alles überragendes Kloster samt dazu gehörender Basilika. Am Mondsee – so scheint es – ist die Zeit stehen geblieben. Doch es geht auch anders: Iris Porsche, die gelernte Industriekauffrau aus Zell am See traf 1990 bei einer Weihnachtsfeier ihren heutigen Ehemann Gerhard Porsche, einen Enkel des Firmengründers Ferdinand und Sohn von 911-Konstrukteur Ferry Porsche. Zum fünfzehnten Hochzeitstag machte Gerhard seiner Frau ein besonderes Geschenk: Er kaufte einen alten Gasthof im Zentrum von Mondsee, den Iris Porsche nach ihren Vorstellungen zum exklusiven Hotel für die gehobene Klientel umbauen ließ – mit viel Geschmack und Gefühl für Details sowie hohen Qualitätsansprüchen. Die Bäder sind geräumig und funktionell, es gibt genügend Garderobenplatz in den Zimmern und der kleine, aber feine SPA-Bereich ist ein wahres Design-Meisterwerk. Dazu noch die ausgezeichnete Küche vom Chef Klaus Kobald, der sich seit einem Jahr für die großartige Küche des Hotels verantwortlich zeigt – wofür er auch vom Gault Millau mit zwei Hauben ausgezeichnet wurde. Alles in allem ist dieses Hotel der wahrscheinlich einzige Grund, warum man den Ort Mondsee aufsuchen sollte.
Von COVER 2016 getestet
www.irisporsche.at
Action statt Zweisamkeit ist in den meisten so genannten Wellnesshotels an der Tagesordnung. Wer sich also gern Pool, Sauna und Dampfbad mit vielen anderen Menschen teilt, wird sich im Hotel Winzer wohl fühlen.
Die „Bildergalerie“ auf der Homepage des Hotel Winzer zeigt die Welt des Playboy-Herausgebers Hugh Hefner, umgeben von schönen jungen Menschen in weißen Gewändern, die dauernd lachen: Das Leben ist schön. Zu schön um wahr zu sein, denn die Realität sieht so aus: Die Erholung suchende Birkenstock-Fraktion sucht in Bademänteln gehüllt nach freien Liegestühlen im überfüllten SPA-Bereich. Aber nur im Winter, denn im Sommer gibts ja auch im Freien Platz und einen Outdoor-Pool. Das Hotel Winzer ist ein ehrgeiziges Projekt der Famile Winzer, die 1971 eine Frühstückspension mit 12 Zimmern eröffnete. Seitdem wird fast permanent dazugebaut. Die Winzers erkennen als eine der Ersten den Wellness-Trend und schaffen Kosmetik- und Massagen-Behandlungsräume. Bis heute wird auf jede Tendenz reagiert, die mehr Umsatz verspricht. Die Zimmer sind dementsprechend unterschiedlich designt, der Wellnessbereich gleicht einer Grottenbahn. Doch unter Wachstum und Reichtum leidet oft auch die Qualität. Bettwäsche aus Polyester vermasselt den gesunden (Wellness)schlaf – man schwitzt! Die Anlage ist unübersehbar geworden, der Stress auch bei der Eigentümerin sichtbar, wenn Gäste als lästig empfunden und angepflaumt statt beruhigt werden, nur weil nachts der Zugang von der Garage zum Hotel verschlossen ist. Das reichhaltige Frühstück war allerdings eines der besten auf unserer Oberösterreich-Reise. Das nahe gelegene 1er-Beisl im Lex’nhof ist eine willkommene Abwechslung für jene, die abends gemütlich statt hektisch essen möchten.
Von COVER 2016 getestet
www.hotel-winzer.at