An den norditalienischen Seen scheint die Zeit stehengeblieben zu sein – trotz Luxushotels mit WLAN, Spa und zeitgemäßer Gourmetküche im Angebot.
Ein Lokalaugenschein von Renato Zappella.

Seine „Italienische Reise“ legte wahrscheinlich den Grundstein für die bis heute anhaltende Italienbegeisterung. Johann Wolfgang von Goethe beschreibt hier Italien als sinnliches, kunstsinniges Land, in dem die Ideale der Antike weiterbestehen und wo selbst deutsche Dichter wieder zu sich finden können. Lago di Garda, Lago di Como, Lago di Lugano, Lago Maggiore und der kleine Lago di Orta – ihre Namen klingen verführerisch. Sie rufen Bilder auf, die fest im touristischen Kollektivgedächtnis eingebrannt sind: Belle-Époque-Villen und Grand Hotels, Palmen und Zypressen, elegante Motorboote und Models mit lässig im Fahrtwind wehendem Haar. Vor allem das milde Klima an den Ufern beglückt die Menschen aus dem Norden mit südlichem Lebensgefühl. Mediterrane Vorahnung umweht die Upper-Class-Nase, hier gibt sich die europäische Hautevolee auf ihrer Grand Tour die Nobelhotel-Klinke in die Hand. Jedes der von uns getesteten Hotels an den norditalienischen Seen hat seine eigene Geschichte – und der sind wir bei unserer Fahrt ins Blaue auf den Grund gegangen. Apropos Fahrt: Es ist oft eng geworden auf dem Asphalt, so eingezwängt zwischen Fels und See. Dort, wo sich einst der Fiat 500 pudelwohl fühlte, bekommt der SUV von heute klaustrophobische Anfälle. Und mancher Tunnel sieht aus, als wäre er noch unter Napoleon mit Hammer und Meißel ins Gestein getrieben worden. Bei der Wahl unseres Reiseautos hatten wir Glück: Der geschmeidige Jaguar XF Austria Edition passte sich wie eine Wildkatze der Straße an und brachte uns sicher und bequem an unsere Ziele. Dabei haben wir gleich vier Provinzen (Bundesländer) Italiens und das Schweizer Tessin besucht: Der Gardasee grenzt im Osten an Venetien, im Norden an Trentino (Südtirol) und im Westen an die Lombardei. Der Lago di Lugano liegt zum Großteil im Tessin, und der Lago Maggiore trennt Piemont und Lombardei.

Vieles hat sich in den vergangenen Jahrzehnten an den Seen verändert: Neubauten, Umbauten etc. Aber eine Gemeinsamkeit ist geblieben: die tiefverwurzelte Angewohnheit der Bewohner, sich der Seele durch den Magen zu nähern. Das bringt uns zum ersten Teil unseres Reiseberichtes: der Gastronomie. Spaghetti, Lasagne, Tiramisu und Co. – das war einmal. Man kriegt zwar auch heute noch in jeder italienischen Trattoria eine gute Pasta, doch die gehobene Gastronomie Italiens hat längst den Anschluss an experimentelle Molekular- und Fusionsküche gefunden. Die ganze gehobene Gastronomie? Nein, es gibt hier wie anderswo alteingesessene, oftmals ausgezeichnete und etwas beleibte Köche, die sich nichts mehr beweisen müssen und den Gästen offenbar nichts mehr beweisen wollen. Erstaunlicherweise mussten wir feststellen: Je schöner die Aussicht, desto schlechter das Essen. Die Stars unserer Reise gehören zweifellos zur nächsten Generation der Haute Cuisine: Danilo Girondoli vom Mistral in Bellaggio und Frank Oerthle vom Arte in Lugano. Im Grand Hotel Villa Serbelloni zaubert Girondoli aus der Molekularküche des Meisters Ettore Bocchia phantastische Kreationen, während Kollege Oerthle im Arte bei der Villa Castagnola einem Künstler gleich kulinarische Highlights für einen unvergesslichen Abend kreiert.

„Die Italiener sind deshalb ein besonders sympathisches Volk, weil sie so gute Spaghetti machen und so schlechte Soldaten sind.“
Ephraim Kishon

Beide Köche beherrschen die hohe Kunst, ein Menü so zusammenzustellen, dass der Gast ohne unangenehmes Völlegefühl das Restaurant verlässt – so soll moderne Küche sein. Keine Überraschung war auch der Besuch der beiden Relais & Chateaux-Häuser, die erwartungsgemäß großen Wert auf die Küche legen. Sowohl Riccardo Camanini von der Villa Fiordaliso in Gardone am Lago di Garda als auch Davide Brovelli vom Il Sole di Ranco in Ranco am Südufer des Lago Maggiore haben bewiesen, dass sie ihre Auszeichnungen von Michelin bzw. Gault Millau verdienen. Weinkenner sollten wissen, dass der einzige ernstzunehmende Sommelier, den wir auf unserer Reise getroffen haben, ebenfalls im Il Sole die Ranco arbeitet: Ivano Antonini, Sommelier des Jahres, zeigt auch gern seinen Keller her. Eine besondere Überraschung hingegen bereitete uns der japanische Küchenchef Kazutaka Marumoto vom Grand Hotel Majestic. Der Mann ist geradezu vernarrt in die italienische Küche und vermittelt diesen Enthusiasmus weiter, indem er die heimische Kochkunst in höchster japanischer Perfektion zubereitet. Auch in Lugano trafen wir auf ein Talent der neuen Generation: Alessandro Fumagalli (was so viel heißt wie „raucht Hühner“) hat nicht nur einen lustigen Namen, sondern auch Humor. Der Mann kocht in einem nicht einmal ungemütlichen Lokal, das allerdings im Erdgeschoß eines wahren Bunkers von Wohnhausanlage untergebracht ist. Die rotgetönte Oberfläche des Gebäudes erinnert stark an den betonreichen Charme des Grand Hotels Principe Leopoldo – ich wette, die haben den gleichen Architekten.

Wie immer empfehle ich Reisenden, die mit dem Auto im schönsten Land der Welt unterwegs sind, aktuelle Lektüre zum Thema Gastronomie und Hotels mit sich zu führen oder sich im Internet vorweg zu informieren.

Hier einige Tipps:
www.viamichelin.de
www.relaischateaux.com/de
www.slh.com

UNSER FAZIT

Good Boys

Bad Boys

NORDITALIEN – See & Gourmet

1See 1: Lago di Garda

Wie alle Seen in Norditalien stammt auch der Gardasee aus der letzten Eiszeit. Die literarischen Lobeshymnen auf den größten der norditalienischen Seen reichen von der Antike bis in unsere Zeit. Schon Vergil, Dante, Goethe, Thomas Mann, Kafka und Hellmut Velich schwärmten von dieser traumhaften Gegend. Die Faszination, die von diesem See ausgeht, ist bis heute ungebrochen. Seine Küche, seine Landschaft, sein mediterranes Klima und seine Bewohner machen ihn zum beliebten Reiseziel sowohl für den Naturliebhaber und Sportler als auch für den Gourmet.

„Man mag so alt, so gelehrt, so weise und geschmackvoll sein, als man will – eine Reise nach Italien gibt immer noch dem Geist ein neues Gepräge.“
Georg Christoph Lichtenberg

Von den sommerlichen Massenaufmärschen durch Riva, Limone und Sirmione mit den 2,5 Millionen, die Jahr für Jahr den Lago di Garda besuchen, dürfen wir uns nicht abschrecken lassen. Am Gardasee stehen mehr als 60.000 Gästebetten bereit, um den Touristenstrom zu bewältigen. Um ihm zu entfliehen, haben wir uns natürlich nur die besten Unterkünfte ausgesucht – Adel verpflichtet. Windsurfer, Mountainbiker und Motorradfahrer bevorzugen den Norden (einige verirren sich auch bis nach Malcesine). Der Qualitätstourismus hat das südwestliche Ufer annektiert. Hier, in Orten wie Gargnano, Gardone Riviera oder Saló, finden sich eine Menge historischer Palazzi mit weitläufigen Parks, ehrwürdige Grand Hotels und eine beachtliche Dichte an hervorragenden (und teuren) Restaurants. Auch André Heller fühlt sich hier sichtlich wohl, darum hat er der Stadt Gardone Riviera auch einen kleinen botanischen Garten beschert, einen frei zugänglichen Ort der Kunst und des Friedens – und das Gegenstück zum im gleichen Ort befindlichen „Vittoriale“, einem ästhetisch fragwürdigen, kriegsverherrlichenden Siegerdenkmal der Italiener auf dem ehemaligen Anwesen des Dichters D’Annunzio. Trotzdem gut für die Allgemeinbildung…

Hedonisten pilgern in Gardone zur schönen Villa Fiordaliso. Hier gibt es auch sehr feine Zimmer (für jene, die es nicht mehr bis zum Parkplatz schaffen); allerdings haben die Besitzer 2010 in der Nähe das schöne neue Hotel Bellariva eröffnet, wo Sie ein riesiger Pool direkt am See erwartet. Auch Madame hält es hier garantiert länger aus. Im Süden des Gardasees befindet sich auf einer Landzunge das malerische Örtchen Sirmione, nur durch eine schmale Brücke mit dem Festland verbunden. Dies ist der ideale Ort für einen Einkaufsbummel, Autos gibt’s hier selten, dann aber mitten im Tumult. Wer sich ein paar Tage am Gardasee niederlässt, sollte unbedingt einen Ausflug nach Verona machen – Shopping und Sightseeing mit einem Besuch der Arena di Verona werden garantiert zum unvergesslichen Erlebnis. Man braucht nicht unbedingt Opernfan zu sein, um so einen Abend zu genießen – außer wenn es regnet, das ist dann wirklich Pech. Lokaltip vor dem Arena-Besuch: die Osteria la Fontanina. Chef Nicola Tapparini sorgt dafür, dass Sie nach einem hervorragenden Dinner rechtzeitig zur Aufführung kommen.
www.ristorantelafontanina.com
www.arena.it

Die Hotels

Lefay Resort

Das Lefay Resort am Gardasee ist der Beweis dafür, dass sich auch moderne Architektur harmonisch in eine alte Kulturlandschaft einfügen kann.

Das Small Luxury-Hotel Lefay Resort liegt nicht am See, sondern gut 400 Meter höher – mit einem wirklich tollen Ausblick. Diese tolle, absolute Ruhelage hat aber auch Nachteile: Wenn man an den See möchte oder eine kleine Besorgung zu machen hat, muss man die etwa sechs Kilometer lange Serpentinen-Straße runter- und wieder rauffahren. Vielgereiste erinnert die Architektur an die toskanische Adler Thermae. Wahrscheinlich war auch hier der gleiche Architekt am Werk. Wellness und Spa stehen hier im Mittelpunkt, was zur Folge hat, dass außer zum Abendessen alle im Bademantel rumlaufen. Es gibt mehrere Außen- und Innenbecken, einen Whirlpool und eine Art Salzwasserlagune, alle mit tollem Blick auf den See. Saunafreunde können zwischen verschiedenen Temperaturen und Luftfeuchtigkeiten wählen, eine eigene Damensauna hat uns besonders erfreut. Massagen, Kosmetik und alle erdenklichen Beauty-Behandlungen gibt es hier im Überfluss. Im modernst ausgestatteten Fitnessbereich steht Ihnen bei Bedarf auch ein Personal Trainer zur Verfügung. Die geräumigen Zimmer mit Terrasse oder Balkon sind auf dem modernsten Stand der Technik. Das hat aber auch seine Tücken: Das „Raumklimasystem“ nervt durch Ventilationsgeräusche und kann nur um ca. drei Grad nach oben oder unten reguliert werden. Die Küche ist trotz Ausrichtung auf Wellness schmackhaft, die Weinkarte gut sortiert – und somit das genaue Gegenteil von gesund. Nachhaltigkeit – das Modewort 2010 – ist natürlich auch im Lefay ein Thema, obwohl beim Bau 60.000 Kubikmeter Erdreich umgebaggert wurden und die Pölster und Decken mit Polyester gefüllt sind. Durch die Abwärme des Resorts wird immerhin zum Beispiel ein Kindergarten im Ort beheizt.
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www.lefayresorts.com/deu

Villa Fiordaliso

Was will man mehr? Die Villa Fiordaliso in einem der schönsten Gebäude in Gardone Riviera bietet die beste Küche am Lago di Garda.

Die Zeitreise geht weiter – wir befinden uns jetzt im Jahr 1928. Die Villa Fiordaliso wurde soeben von Emilio und Paola Botturi-Polenghi erworben, die sie restaurieren und mit Fresken im toskanischen Stil des 16. Jhdts. schmücken. 1943 war die Villa Zeuge der Liebe zwischen Mussolini und Claretta Petacci, die sich hier im Herbst 1943 als Gast des „Roten Saals“ im 2. Stockwerk aufhielt. Die Schönheit der Villa samt Park und dem angrenzenden Turm von San Marco, der zum Anwesen gehört und an Wochenenden eine beliebte Clubbing-Destination ist, beeindruckt auch noch im 21. Jahrhundert. Der eigentliche Grund, warum sich auf dem Gelände des einzigen Relais & Chateaux-Hauses am Gardasee allabendlich die teuersten Autos einparken, ist das Restaurant unter der Leitung von Chef Riccardo Camanini. Selbst wer auf Diät ist, wird sich noch lange an den Abend auf der Terrasse direkt am See erinnern. Natürlich gibt es in dem schönen Haus auch Zimmer, liebevoll restauriert und in hervorragendem Originalzustand. Das antike Ambiente mag von modernen Hotels verwöhnte Gäste irritieren, doch wer Stil zu schätzen weiß, wird sich hier wohlfühlen. Den Reisehedonisten erwarten feinste Daunen statt dem heute leider weitverbreitetem Polyester. Einziger Wermutstropfen ist die Hauptstraße, die direkt hinterm Haus vorbei führt: Wer Italien kennt, der weiß, welchen Lärm die Italiener auch nachts mit ihren Autos machen. Das Frühstück am Privatstrand, auf altem gußeisernem Mobiliar, ist ein Erlebnis für sich. Wer nach dem opulenten Abendessen noch zugreifen kann, darf sich glücklich schätzen.
Die Villa Fiordaliso ist kein Ort für lange Aufenthalte, da empfiehlt sich eher das in gleichem Familienbesitz befindliche Hotel Bella Riva, ganz neu, mit Pool und allem Komfort.
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www.villafiordaliso.it

Villa Cortine Palace Hotel

Was waren das für Zeiten, als ein Grand Hotel noch bewundert wurde? Doch heute zählen High-Tech in den Zimmern und Sterne in der Küche.

Das Palace Hotel Villa Cortine könnte locker die Kulisse für den nächsten „Sissi“-Fim abgeben. Kaum ein Hotel hat einen so imposanten, vier Hektar großen, jahrhundertealten Park vorzuweisen – dazu nebenan der romantische Ort Sirmione, umgeben vom Lago di Garda – eine wahrhaft königliche Lage. Wie peinlich wäre es gewesen, die schöne Zufahrt in einem Mazda passieren zu müssen. Doch zum Glück haben wir ein majestätisch anmutendes Gefährt als adäquaten Reisewagen gewählt: den Jaguar XF – das erklärt auch, warum wir so freundlich empfangen wurden. Die Villa wurde 1870 im Auftrag des österreichischen Adligen Kurt von Koseritz erbaut, in den fünfziger Jahren wurde das alte Haus um ein äußerlich eher nüchtern gehaltenes Gebäude erweitert und in ein Hotel umgewandelt. Seitdem wurde immer wieder renoviert, das Flair der Nachkriegszeit blieb jedoch erhalten. Hier tut man sich offenbar schwer, zu erkennen, dass ohne ausgezeichnete Küche und modernes Spa-Angebot kein Land gewonnen werden kann. Schön gekleidete Kellner und viel Silberbesteck allein genügen heute nicht mehr.
Schade, dass es bei so viel schöner Substanz derart an Geschmack fehlt – aber das Essen, das uns hier serviert wurde, ist nicht der Rede wert.
Im Sommer gibt es für die Gäste einen Privatstrand, Tennisplätze und einen Pool aus dem vorigen Jahrhundert. Aber kein Spa – das muss man sich heutzutage erstmal leisten können…
Die Zufahrt durch die Fußgängerzone gestaltet sich äußerst mühsam; damit hat die Villa Cortine allerdings etwas mit der Villa Serbelloni in Bellaggio gemeinsam. Besucher der Arena di Verona steigen am besten hier ab, essen kann man ja woanders. In Sirmione gibt es das von Michelin ausgezeichnete Restaurant La Rucola, in Desenzano del Garda das Esplanade.
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www.palacehotelvillacortine.it

2See 2: Lago di Como

Der Lago di Como ist der wahrscheinlich schönste der norditalienischen Seen. George Clooney hat Geschmack; Tom Cruise, Richard Branson und Donatella Versace ebenso – sie alle haben sich hier eine Villa gekauft. Die Halbinsel Bellagio reicht in den See hinein und teilt ihn in den westlichen Como-Arm mit schmalen Ufern und viel Belle-Époque-Architektur und in den östlichen Lecco-Arm, der wilder ist und von der Bergwelt des Monte Resegone überragt wird. Ein Bummel durch Como bildet: Im Seidenmuseum (die Stadt war einst berühmtes Zentrum der Seidenproduktion) erfahren wir, dass der Faden, aus dem eine Raupe ihren Kokon spinnt, eineinhalb Kilometer lang ist. Alessandro Volta (1745 bis 1827), Erfinder der Batterie, wird von seiner Vaterstadt ebenfalls mit einem interessanten Museum geehrt.

Star des Comer Sees ist jedenfalls Bellagio, wunderschön auf der Halbinsel gelegen. Blumengeschmückte Gassen und Treppen – ein liebevoll inszeniertes Bilderbuch-Italien. In dem verträumten kleinen Ort gibt es kaum Verkehr, keinen Stress und keine Papparazzi. 550 Meter über Bellaggio, am Monte San Primo, steht die Wallfahrtskirche Madonna del Ghisallo, deren Heilige von Papst Pius XII. zur Schutzpatronin der Radler ernannt wurde und die regelmäßig Etappenziel des Giro d’Italia ist. Die Kapelle ist voll mit alten Trikots, Wimpeln und Fahr­rädern. Daneben wurde vor kurzem ein sehenswertes Radsportmuseum eröffnet. Aber auch Giovanni Cermenati aus Magréglio ist ein Grund, von Bellaggio in das Bergnest aufzubrechen. Er gilt als letzter Produzent von hölzernen Radfelgen auf der Welt – eine echte Rarität. Doch was wären Bellagio und seine zauberhafte Umgebung ohne das Grand Hotel Villa Serbelloni?

Das Hotel

Grand Hotel Villa Serbelloni

Es stimmt, dass George Clooney manchmal auf einen Espresso vorbeischaut. Doch das sollte nicht der Grund sein, die Villa Serbelloni am Lago di Como aufzusuchen.

Hier passt alles zusammen: der Ort, das Hotel, der See und die gute Küche. Perfekter kann man sich einen Urlaub an einem der norditalienischen Seen kaum vorstellen. Das dachten sich bestimmt auch Churchill, Roosevelt, Rothschild, Kennedy, Maria Schell, Clark Gable, Robert Mitchum und Al Pacino – um nur einige der illustren Gäste zu nennen, die die außerordentliche Gastfreundschaft der Villa Serbelloni genossen haben. Das geschichtsträchtige Haus wurde 1872 als Grand Hotel Bellagio eröffnet; erster Direktor war der Schweizer Leo Breinschmid. 1918, nach dem Ersten Weltkrieg, übernahm ein anderer Schweizer – Arthur Bucher – das Hotel und investierte über Jahrzehnte in elektrischen Strom für den ganzen Ort und Wasserleitungen für das Hotel. Sein Enkel Gianfranco Bucher ist aus demselben „Selfmademan“-Holz geschnitzt und repariert am liebsten selbst, was gerade nicht funktioniert – auch, wenn er dafür tief in den See tauchen muss, um ein defektes Wasserrohr zu reparieren.
Herr Bucher hat in den letzten Jahren aus einem Belle-Époque-Hotel ein modernes Haus gemacht, ohne den ursprünglichen Charme der Villa zu zerstören. Die geniale Kombination aus 19. und 21. Jahrhundert macht das Haus einzigartig. Der Besitzer wohnt selbst im Hotel und ist allgegenwärtig, was dem gesamten Servicecharakter des Hauses zugutekommt. Schließlich kann der Chef jederzeit um die Ecke biegen…
Vom modernen Spa bis zur zeitgemäß kreativen Spitzengastronomie gibt’s hier alles. Und wer sich gern an alte Zeiten erinnert, wird nach dem Abendessen mit Kammermusik „bestraft“. Einziger Makel am sonst so perfekten Ambiente: Plastik-Liegestühle vom Baumarkt beim Pool. Bisher hat sich allerdings noch niemand darüber beschwert.
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www.villaserbelloni.com

3See 3: Lago di Lugano

Obwohl er größtenteils in der Schweiz liegt, zählen wir ihn zu den norditalienischen Seen. Er ist auch am bequemsten über den Mailänder Flughafen Malpensa zu erreichen, den die Mafia absichtlich in die Nähe zur Schweiz gebaut hat, wo die Jungs ihr Geld geparkt haben. Anders als die meisten Orte an den italienischen Seen ist Lugano selbst nicht besonders schön. Der Ort sieht aus, als hätte man verkleinerte Versionen der Plattenbauten von Bratislava in die Berge um den See hineingestreut. Lediglich die alte Seepromenade weist ein paar herzeigbare Belle-Époque-Bauten auf. Als wollten die Italiener den Schweizern in Punkto Häßlichkeit eins auswischen, haben sie im malerischen italienischen Örtchen Campione (das nur über eine Brücke von Lugano aus erreichbar ist) einen gigantischen Casino-Monolithen hingebaut, der so gut dorthin passt wie die Cheops-Pyramide nach Podersdorf. Campione ist trotzdem einen Besuch wert. Hier steht eine der schönsten Kirchen, die Santa Maria dei Ghirli. Bereits 674 wurde sie dokumentarisch belegt, im 13. und 14. Jhdt. rekonstruiert. Der rechteckige Bau liegt im Süden von Campione auf einer Terrasse, mit direktem Zugang vom Seeufer über eine Treppe.
Michelin vergibt im Umkreis von 30 Kilometern gleich an sechs Lokale einen Stern. Viele kleine Ortschaften um Lugano sind idyllisch und wunderschön; zum Beispiel Morcote oder das verwunschene Gandria. Dann wäre da noch das Hermann-Hesse-Museum in Montagnola, ein Kleinod für Literatur­be­geis­terte und eine Pilgerstätte für Hesse-Liebhaber. Der Schriftsteller hat sich so sehr in die Umge­bung von Lugano verliebt, dass „seine“ Wanderwege heute noch existieren.
www.lugano.ch/de

Die Hotels

Villa Castagnola

Die Villa Castagnola beweist eindrucksvoll, dass alte Grand Hotels mit der Zeit gehen können.

Liebe geht durch den Magen – das hat auch Ivan Zorloni, Direktor des Small Luxury Hotels in bester Lage am See, erkannt. Darum hat er dafür gesorgt, dass die Villa Castagnola kulinarisch in aller Munde ist. Im Restaurant Relais bietet Küchenchef René Nagy moderne mediterrane Küche an, im Arte über die Straße, direkt am See, zeugt Frank Oerthle von höchster kreativer Kochkunst; der Mann ist einer der Hauptgründe dafür, wieder einmal in dieser Gegend vorbeizuschauen. Das seit 1885 bestehende Grand Hotel bietet alles, was man sich heute von einem modernen Luxushotel erwartet, darüber hinaus den Flair der Belle Époque, der behutsam ins 21. Jahrhundert gerettet wurde. Die 84 Zimmer und Suiten sind auf dem neuesten Stand der Technik, auch die Bäder mit dem neoklassizistischen Design lassen keine Wünsche offen. Die Bettwäsche ist aus feinsten Daunen – vielen Dank, Herr Direktor! Wer sich gern sportlich betätigt, dem steht ein Fitnesscenter ebenso zur Verfügung wie Tennisplätze; zur anschließenden Entspannung gibt’s Sauna und Dampfbad. Neben einem riesigen Indoor-Pool, der so gebaut ist, dass man sich fast im Freien wähnt, wartet dann auch ein zeitgemäßes Spa mit allen erdenklichen Beauty- und Wellness-Behandlungen. Ein schöner Zeitvertreib ist der Besuch des Outlets in Mendriso, wo es nach 20 Minuten Fahrt von Armani bis Versace alles gibt, was frau braucht. Milano ist auch nicht weit, und der Lago di Como ist von Lugano aus in einer Dreiviertelstunde erreichbar. Hinter dem Hotel fährt eine historische Funicolare (= Standseilbahn) auf den Monte Bre, wo man den schönsten Blick über den See hat. In Lugano selbst finden das ganze Jahr über Events statt, für Abwechslung ist also gesorgt.
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www.villacastagnola.com
www.lugano-tourism.ch

Villa Principe Leopoldo

Die Villa Principe Leopoldo in Lugano wirbt mit toller Aussicht und einem wunderschönen alten Haus. Die Gäste allerdings wohnen in einem Betonbunker.

Die Villa Principe Leopoldo ist nicht nur sehr schön – von hier hat man höchstwahrscheinlich auch den besten Blick auf den Lago di Lugano. Das hat zur Folge, dass hier viele Hochzeiten und Seminare, Firmenpräsentationen und dergleichen stattfinden. Und so etwas hat mit dem, was man unter einem Relais & Chateaux-Haus versteht, nichts zu tun – sorry! Uns Privatreisende nervt das nämlich, wenn Gruppen, die gerade irgendwas zu feiern haben, die Urlaubsidylle stören. Und dann ist da noch was: In der schönen Villa wohnt keiner; hier sind nämlich die Seminarräume und die großen Säle für die Bankette etc. untergebracht.
Wohnen dürfen die Gäste im „Bunker“, einem aufgeschütteten Areal, das den Steilhang zwischen Villa und See begradigt. Oben der schöne Platz mit der tollen Aussicht, dem Restaurant im Wintergarten, den vielen Blumen und einem riesigen Brunnen in der Mitte – und unten die in den betonierten Stützmauern integrierten Zimmer, zwar mit wirklich schöner Aussicht, aber eben doch in einem Bunker. Dann gibt es noch die „Residence“ auf der anderen Straßenseite, in bester Ruhleage mit Park und großem Pool. Doch der Beton überwiegt auch hier, obwohl er altrosa eingefärbt ist. Die Zimmer der „Residence“ wurden offensichtlich vor kurzem renoviert und sehen hübsch und modern aus, auf die Bäder hat man jedoch vergessen – und auch auf die Klimaanlage. Stattdessen stand im Raum einer dieser lauten De’Longhi-Kübel, dessen Gebläse an einen Straßenstaubsauger erinnerte. Zu allem Ãœberdruß enttäuschte das hochdekorierte Restaurant – ein schöner Ausblick allein genügt eben nicht. Ausgerechnet, wenn ein Restaurantkritiker zugegen ist (und alle wussten davon), versagt die Küche total…Auch die wirklich gute Massage im zu kleinen Spa konnte das nicht wiedergutmachen.
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www.leopoldohotel.com

4See 4: Lago Maggiore

Der Lago Maggiore grenzt im Westen an das Piemont, im Osten an die Lombardei und im Norden an das Tessin. Das westliche Ufer ist das lebhafteste, dort befindet sich auch Verbania, das aus den beiden Städten Pallanza und Intra besteht. Die mittelalterliche Umgebung und das herrliche Klima sind ideal für einen Ferienort – das fand schon Arturo Toscanini. Auf keinen Fall versäumen sollte man einen Besuch des Palazzo Dugnani aus dem 18. Jahrhundert, der für seine Gärten bekannt ist. Gegenüber, am anderen Ufer, liegt Stresa – eine kleine Stadt voller Villen, Gärten und der Seepromenade mit ihren eleganten Villen und dem Ausblick auf die Borromäischen Inseln. Ein Besuch des Palazzo Borromeo auf der Isola Bella ist obligatorisch. Er ist berühmt für seine geschmückten Säle, seine Kunstsammlungen und seinen italienischen Garten, der auf zehn absteigenden Terrassen angelegt ist.
www.derlagomaggiore.de

5See 5: Lago di Orta

Umgeben von einer lieblichen Landschaft, in der man verstreut alte Steinhäuser sehen kann, gilt der Lago di Orta als ruhige und beschauliche Urlaubsregion. An der Nordmündung des Sees liegt die Stadt Omegna, bekannt für die hier entstandene Designproduktion, zum Beispiel von Alessi. Historisch gesehen, lag das Tal immer in völliger Abgeschiedenheit. Aus diesem Grund hat es bis heute seine Unabhängigkeit bewahrt, auf die seine Bewohner sehr stolz sind – und auf die sie nach wie vor großen Wert legen. Im Städchen Orta San Giulio herrscht deutlich weniger touristischer Trubel. Und zumindest architektonisch befindet man sich hier im Mittelalter: Orta war mit Abstand der schönste Ort unserer Reise.
www.ortasee-info.de

Das Hotel

Grand Hotel Majestic

Das Grand Hotel Majestic in Verbania am Lago Maggiore macht seinem Namen alle Ehre – besonders, weil es von einer Frau regiert wird.

Wenn Sie wissen wollen, wie man Small Luxury Hotel definiert, dann sollten Sie das Grand Hotel Majestic in Verbania aufsuchen. Es ist zwar nicht so klein, wie „small“ vermuten lässt, aber es entspricht genau unserem Verständnis von „luxury“. Hier ist einfach alles perfekt, stilsicher und angenehm. Das beginnt bei der Bettwäsche (feinste Daunen) und endet bei der Küche: Exzellentes Essen in einem Hotel ist keine Selbstverständlichkeit. Obwohl das Grand Hotel Majestic offiziell nur vier Sterne hat, stellt es viele 5-Sterne-Häuser in punkto Service und Stil in den Schatten. Maßgeblich für die Qualität verantwortlich ist Direktorin Mariangela Nieddu – allein das ist eine Seltenheit, da mehr als 98 Prozent aller General Manager von Hotels Männer sind. Das 1870 erbaute, denkmalgeschützte Haus wurde über die Jahrzehnte laufend aktuellen zeitgemäßen Bedingungen angepasst – zuletzt erst vor kurzem, darum genießt man hier auch den Luxus neuer Bäder, Teppiche und Möbel. Neben dem schönen Park und dem Privatstrand gibt es auch einen wirklich großen Indoor-Pool – das Hotel ist damit auch für die Vor- und Nachsaison interessant. Es soll ja Menschen geben, die nicht gern bei Hitze im Hochsommer reisen. Wer sich verwöhnen lassen will, für den gibt es Massagen und Beauty-Anwendungen im Wellness-Center. Von hier aus lassen sich auch tolle Ausflüge machen, zu kulinarischen Zielen (Michelin hat im Umkreis von 20 Kilometern 10 Sterne vergeben) oder zum malerischen Lago di Orta). Und da wir in Italien sind, macht Shopping Spaß. In der Region um den Lago Maggiore werden das ganze Jahr über viele Festivals veranstaltet, darunter erstaunlich viele Jazzfestivals, was auf den guten Geschmack der Bevölkerung schließen lässt.
Von COVER 2010 getestet
www.grandhotelmajestic.it

überRenato Zappella