Ein guter Fernsehabend beginnt mit Doris Golpashin auf der rosa Couch. Seit 13 Jahren ist die exotische Schönheit mit der dunklen Mähne im Mediengeschäft, seit 2009 Jahr wirbelt sie auf Puls 4 die Society durcheinander – und seit Kurzem bringt sie auch noch dem ORF ein bisschen frischen Wind. 

Als erstes rücken die endlos langen Beine ins Bild, effektvoll abgewinkelt vor dem rosa Sofa. Sie gehören zu einer gertenschlanken Gestalt mit voller Haarmähne und belustigt blitzenden Augen. Gleich legt sie los, mit dem Gut-drauf-Timbre, wie man es sonst von Frühmorgen-Weckersendungen kennt – aber irgendwie glaubt man diesem Lächeln, diesen hochgezogenen Augenbrauen, dass die Frau wirklich Spaß hat. Es ist 18.50 Uhr auf Puls 4, die Stunde von Doris Golpashin und ihrem Society-Magazin „Pink“. Immer mehr Zuschauer finden, dass der Anblick des quirligen Girlies samt ihren flotten Sprüchen den richtigen Einstieg in einen entspannten Fernsehabend liefert. Oder aber, dass dieses Mädel eine Casting-Show mit all ihren Teenie-Tränen und rotbackigen Jubelausbrüchen optimal zusammenhalten kann. Die Formel Golpashin funktioniert sichtlich auch am Freitagabend im ORF, wo sie seit kur­zem den Talente-Wettbewerb „Helden von morgen“ moderiert. Die Quoten zeigen, dass es sich für die Bosse am Küniglberg ausgezahlt hat, beim privaten Konkurrenten ein bekanntes Gesicht auszuborgen. Doris liefert eben eine ideale Identifikationsfläche für jene Zielgruppe, auf die es den „Helden“-Machern ebenso ankommt wie den Puls-4-Strategen: Männer und Frauen zwischen 20 und 35 finden sich im unbekümmerten Golpashin-Stil wieder, in ihrem nonchalanten Zugehen auf Studiogäste, ihrem witzigen, aber nie verletzenden Umgang mit Kandidaten, ihrer Schlag­fertigkeit. Und natürlich sieht sie halt auch einfach cool aus, mit den dichten, dunklen Haaren, dem leicht exotischen Zug um die üppigen Lippen und der drahtigen Silhouette, der selbst noch die abwegigste Minikleid-Kreation passt.

Kaum zu glauben, dass so jemand jahrelang im Hörfunk arbeitete. Klar, das Aussehen der hübschen Doris war immer schon Thema. „Österreichs schönstes Radiogesicht“ wurde sie genannt, außerdem tauchte sie gelegentlich in TV-Serien wie „Kommissar Rex“ und „Winzerkönig“ auf. Doch für die Teenies vor dem Lautsprecher war sie nur eine Stimme zwischen den Rocksongs, die ihre Abende etwas weniger einsam machte, wenn sie sich zwischen Liebeskummer und Lateinbuch mit dem Kronehit-Sound berieseln ließen. Von 2004 bis 2009 sagte Doris am Abend dort die Nummern an, davor war sie schon bei 92,9 Hit FM, Hitradio Ö3 und 88,6. Die junge Moderatorin ist nämlich schon mehr als zwölf Jahre im Geschäft. Ihre Medienkarriere startete mit 17, hauptsächlich deshalb, weil ihr damals nichts anderes übrig blieb. 1995 hatte sie als bockige 15jährige das Gymnasium abgebrochen und mit einer Schauspiel- und Musical-Ausbildung begonnen. „Ich hab’ die Schule gehasst“, fröstelt es sie noch heute beim Gedanken daran. „Vor allem hat mich geärgert, dass die Lehrer immer betont haben, ohne Matura könnte man einfach nichts Ordentliches werden. Mit ,ordentlich‘ meinten sie vermutlich einen fixen Job mit fixen Arbeitszeiten, täglich halbacht bis fünf samt Mittagspause.“ Neben der Bühnenausbildung begann Doris fürs Radio zu jobben, nicht zuletzt, um zu beweisen, dass es mehr Berufe gibt, als die Schulweisheit der Gymnasiallehrer sich träumen lässt. Schnell stellte sich heraus, dass ein echtes Talent in ihr schlummerte, aber auch, dass das lockere Dahinplaudern harte Arbeit sein kann: „Auf längere Sendungen musste ich mich stundenlang vorbereiten, vor allem am Anfang. Ich habe mir jedes Wort aufgeschrieben, ich konnte überhaupt nicht nach Stichworten aus dem Stegreif moderieren.“ Die Angst, stecken zu bleiben, war weniger Grund dafür als die Sorge, „etwas Unsinniges zu sagen, das dann so viele Leute hören“. Das Verhältnis zum Publikum ist beim Radio halt eine höchst merkwürdige Sache – und beim Fernsehen nicht minder, wie Golpashin erfahren musste: „Man sitzt eingesperrt in einem Kammerl mit einem Kopfhörer und ist ganz allein. Man weiß, da draußen gibt es tausende Menschen, die alles hören, was du sagst, aber unmittelbar hast du kein Gegenüber. Wenn das ein paar Stunden so geht, wird es echt schizophren. Du glaubst, du redest mit dir selber.“

„Beim Radio sitzt du ja eingesperrt in einem Kammerl, ganz allein mit dem Kopfhörer. Nach ein paar Stunden wird das echt schizophren.
Du glaubst, du redest mit dir selber.“
Doris Golpashin

Auch im Fernsehstudio besteht das Fenster zur Welt nur aus der dunklen Scheibe der Studiokamera; aber da kommt immerhin meist ein Gast auf die Couch, außerdem ist das Team größer. „Pink“ wird von Dienstag bis Freitag täglich aktuell produziert, der Rest sind Wiederholungen. Abends sind regelmäßig mehrere Kamerateams unterwegs, bei wichtigen Events ist auch Doris Golpashin selber dabei – „obwohl ich mit Abendterminen sehr restriktiv umgehe, du reibst dich zu schnell auf, wenn du zu jedem Termin selber hinläufst“. Am Tag danach wird bei der Vormittagskonferenz beschlossen, welche Stories in welcher Größe ins Magazin kommen. Die Reporterteams schneiden dann aus ihrem Material einen Beitrag, den die Moderatorin am frühen Nachmittag synchronisiert. Ab 16 Uhr wird aufgezeichnet. Vorher ist natürlich noch die wichtigste aller Entscheidungen fällig: Welches Teil wird Doris an diesem Abend tragen? Sie kann dabei aus dem Vollen schöpfen, da die Garderobe vom Sponsor kommt. „Ich kriege einmal in der Woche einen Kasten voller Kleider hingehängt und suche mir jeden Tag eins aus. Ein Gefühl wie Cinderella, vor allem, weil ich es nachher zurückgeben muss.“ Die Auswahl trifft sie aber selbst, Puls-4-Style-Expertin Sabine Landl wirft lediglich einen kritischen Blick darauf oder kommt im Falle von Selbstzweifeln zu Hilfe. Einzige sonstige Vorgabe: Die Farbe sollte sich nicht mit dem Knallrosa der Couch duellieren; allzu feurige Rottöne sind daher tabu. Sollte die Kleiderwahl nicht überzeugend ausfallen, droht Ungemach. Dann melden sich die Fans, und zwar unüberhörbar, über Postings auf der Website von Puls 4, Eintragungen auf der persönlichen Homepage (www.dorisgolpashin.at), über Mails und Twitter – oder sie kommen gleich direkt vor das Studio in der Mariahilfer Straße. „Das ist schon flashig“, gibt die Moderatorin zu, „wenn dich dann einer auf der Straße anspricht. Wir haben ein sehr junges Publikum, die sind es gewohnt, ihren Medienkonsum interaktiv anzulegen.“ Sie selber macht um Social Media einen weiten Bogen: „Ich bin weder auf Facebook noch auf MySpace noch auf Twitter. Das sind doch alles reine Zeiträuber. Wozu soll ich mich vor den Computer setzen und hineintippen, was ich gerade esse? Nur, damit dann jemand anklicken kann: Gefällt mir?“ Und plötzlich klingt das Girl aus dem Fernsehen ganz schön erwachsen, geradezu arriviert, verglichen mit den Kids, die ihren Stil bewundern. Und tatsächlich: 2010 ist das Jahr, in dem das blutjunge Gesicht 30 Jahre alt geworden ist. Ein Einschnitt? Natürlich nicht. Obwohl…Golpashin lehnt sich zurück und schüttelt die lackschwarze Mähne. „Das erste Mal hatte ich das Gefühl, dass ich älter werde, als ich vor ein paar Jahren im Radio einen Anrufer entgegennahm. Der wollte einen Song von U2 hören, nämlich ,I Still Haven’t Found What I’m Looking For‘ – tolle Nummer, mag ich sehr. Aber dann stellte sich heraus: Erstens meinte er eine Dancefloor-Version, zweitens kannte er die Band gar nicht, sondern nannte sie auf deutsch ,Uh zwei‘. Und drittens hatte er keine Ahnung, wer Bono ist. Da hab ich mir gedacht, hey, ich werde zu alt für diesen Job. Meine Hörer kommen aus einer anderen Generation.“ Andererseits hätte sie ohne die freundliche Erinnerung der kleinen Schwester ihren Geburtstag („am 17. August, genau zwischen Madonna und Robert de Niro“) bis zuletzt ignoriert. Dani beharrte jedoch darauf, dass das neue Lebensjahrzehnt gebührlich empfangen wird. Sie hat ja auch leicht reden, denn bei ihr selber wird es erst in fünf Jahren so weit sein. Dani – das ist die Schauspielerin Daniela Golpashin. Vor einigen Jahren spielte sie bei Paulus Manker in „Alma“, da wurde sie auf dem Programmzettel als „Donja“ angekündigt. „Stimmt beides“, zuckt Schwester Doris die Schultern, „in ihrem Pass steht ,Donja Daniela‘.“ Aber offizielle Daten sind ohnehin so eine Sache. Doris zum Beispiel wurde in Grieskirchen in Oberösterreich geboren – aber nur zufällig, wie sie betont: „Ich bin im Grunde eine echte Wienerin und auch hier aufgewachsen. In Grieskirchen haben wir den Onkel Ferdi. Weil der ein schönes Haus mit Garten besitzt, hat dort vor 30 Jahren meine hochschwangere Mama ein paar Tage verbracht, um sich vor der Geburt auszuruhen.“ Kurz vor der Abreise setzten jedoch die Wehen ein, statt zurück nach Hause wurde Frau Golpashin ins Krankenhaus von Grieskirchen gebracht, und im Lebenslauf der Tochter ist die Episode für immer als Neugierde weckendes Faktum verzeichnet. „Kürzlich hat mir der Bürgermeister von Grieskirchen einen Brief geschrieben, weil er Näheres wissen wollte, von wo genau im Ort ich denn herstamme und warum sich niemand an mich erinnern kann. Dann musste ich ihn enttäuschen, ich habe nur ein paar Tage im Spital dort verbracht.“

Den wunderbar klingenden Namen hat sie von ihrem Vater, einem Perser, der noch zu Zeiten des Schahs, also in den 1970er Jahren, auswanderte. Und ja, die Haare, die Augen, der Teint wie aus Tausendundeiner Nacht – die sind auch ein väterliches Erbteil. Sehr viel mehr allerdings nicht. Die Eltern wurden geschieden, als Doris und Dani noch kleine Mädchen waren. Der Kontakt blieb zwar bis zum Tod des Vaters vor rund sechs Jahren aufrecht, doch es kam zu keinen tiefergehenden Begegnungen mit der persischen Kultur. „Ich glaube, unser Vater wollte sich auch abgrenzen. Er hat mit uns nie in seiner Muttersprache gesprochen, wir waren auch nie im Iran und haben dort keine Freunde. Immerhin kenne und liebe ich die persische Küche.“ Die beiden Schwestern sind ein eingeschworenes Team. Sie telefonieren regelmäßig, tauschen sich über die Fährnisse des Alltags aus und behalten sich vor, die Männer, sobald sie im Leben der jeweils anderen eine mehr als ephemere Rolle spielen, kritisch zu begutachten. „Bevor ein Mann zu mir ins Haus kommt, muss er an Dani vorbei“, bekräftigt Doris und hat wieder einmal leicht reden, denn sie lebt schon seit geraumer Zeit allein. Allerdings will sie das auch so – sorry, Jungs, Anrufe zwecklos: „Ich bin glücklicher Single und nicht auf der Suche. Derzeit würde ich keinen Mitbewohner aushalten. Allein die Vorstellung, müde nach Hause zu kommen, und dann sitzt jemand da und fragt: ,Na Schatz, wie war dein Tag?‘ – das würde mich wahnsinnig machen.“ Und plötzlich blitzt ein Hauch von feministischem Kampfgeist auf: „Ich bin froh, dass wir in Zeiten leben, wo Frauen es nicht mehr nötig haben, unbedingt einen Mann zu finden. Es ist zwar toll, wenn eine Beziehung wirklich klappt – und wenn es zwei ein Leben lang schaffen, dann bin ich total begeistert. Aber zwanghaft auf die Suche zu gehen, weil man sich als gescheitert empfindet, wenn man nicht in Dauerbeziehung ist – nein, danke!“ Klingt ein bisschen nach den ersten selbsterarbeiteten Lebensweisheiten, gerade recht zum Anbruch des neuen Jahrzehnts. Doris Golpashin ertappt sich derzeit auf Schritt und Tritt bei Gedanken, die sie noch vor kurzem unter „Klingt ganz schön erwachsen“ abgelegt hätte. Wie zum Beispiel der völlig veränderte Hedonismus-Begriff: „Party-Events interessieren mich nur beruflich. Privat stelle ich mich sicher nicht in irgendwelche Discos, wo die Musik so laut ist, dass du dein eigenes Wort nicht verstehst. Lieber sitze ich mit ein paar guten Freunden bei einer Flasche Wein auf der Terrasse.“ Vielleicht bei einem 2007er Don Carmelo von Al Bano Carrisis apulischer Azienda. Der unverwüstliche italienische Ohrenschmeichler hat mit Doris nämlich einen Song für seine letzte CD aufgenommen. Die Idee entstand spontan, als Golpashin Al Bano Ende 2009 zum Interview für „Pink“ traf. Die beiden sprachen über das Leben, über die Zukunft, über die Freuden des Daseins, und plötzlich packte der Sänger ein Buch aus der Tasche, so passend, dass man es der TV-Moderatorin zum 30. Geburtstag schenken müsste, wenn sie es nicht schon hätte: „100 Dinge, die man im Leben getan haben sollte“. Daraufhin ließ Al Bano sein Italo-Lächeln leuchten und setzte nach: „Zwei dieser 100 Dinge können Sie mit mir machen: eine Platte besingen und selbstgezogenen Wein trinken.“ Der Besuch auf der Tenuta Al Bano in Cellino San Marco in Süditalien kam zwar nicht zustande, dafür aber standen die beiden kurz darauf im Studio und schmetterten den alten Campingplatz-Hit „Sempre, sempre tu“ oder auch „Immer, immer du“, wie es im Part der Österreicherin hieß. Seither wissen die Golpashin-Fans, dass Doris wohl keine Gesangskarriere machen wird, aber für jeden Spaß zu haben ist. Darüber hinaus will sie jetzt erst einmal keine Pläne machen. Wozu auch, wenn doch das TV-Geschäft so gut läuft? „Pink“ wird sie nach dem Ende von „Helden von morgen“ zunächst weiter machen, solange ihr Vertrag läuft, also zumindest bis Mai 2011, und der Rest ergibt sich irgendwie. „Manchmal habe ich mir überlegt, ob ich nicht lieber schreiben sollte, ich habe ein paar Ideen für Drehbücher. Da könnte ich den ganzen Tag am Meer sitzen und meinen Gedanken freien Lauf lassen. Aber das kann ich später immer noch machen. Schließlich bin ich erst dreißig.“