Vor zehn Jahren hat ihr eine Kartenlegerin große Veränderungen prophezeit – und Recht behalten. Diesmal wollte Arabella Kiesbauer gar nicht erst wissen, was die Zukunft bringt. Dabei erwarten sie jetzt blühende Wiesen, glückliche Kühe und junge Frauen, die das Herz eines kernigen Burschen erobern wollen: Die ehemalige Queen der Nachmittagstalkshow bringt auf ATV Bauern unter die Haube.

Das Dirndl sitzt schon wie selbstverständlich. Schön farbenfroh muss es sein, ein bisschen ausgeschnitten, mit weißer Bluse und leicht gebauschtem Rock, damit es ordentlich was hermacht, wenn Arabella Kiesbauer darin durch blühende Obstgärten spaziert, ein Ferkel streichelt oder auf der blanken Holzbank vor dem stattlichen Bauernhof Platz nimmt. Das ländlich-adrette Kleidungsstück von Sportalm wird für die nächste Zeit so etwas wie die Arbeitsuniform der Moderatorin, wenn sie nämlich ab 21. Mai auf ATV „Bauer sucht Frau“ präsentiert. Die Dreharbeiten für die erste Staffel laufen bereits, und die neue Moderatorin geht mit ziemlichem Schwung an die Sache. „Dirndl muss unbedingt sein, das gehört zum Erscheinungsbild dieser Sendung. Außerdem liebe ich diese Art von Tracht. Ich hatte schon vorher ein paar“, erzählt sie, „in München geht’s ja sowieso nicht ohne Dirndl“. In München – dort lief beim Sender ProSieben eine tägliche Talkshow unter ihrem Namen, ein echter Dauerbrenner, der von 1994 bis 2004 seine Quoten halten konnte und in dieser Zeit ein wenig Fernsehgeschichte schrieb, war es doch der erste Fall im deutschsprachigen Rundfunk, wo das Studiopublikum streiten, emotional werden, sich gegenseitig anschreien durfte. Neu war auch, dass eine Sendung keine Stars und Promis vor die Kamera holte, sondern ganz normale Menschen – zumindest am Anfang, denn im Laufe der Jahre fanden Kritiker die Gäste immer weniger „normal“ und gelegentlich reichlich durchgeknallt.
Freilich: Zur voyeuristischen Freakshow ist „Arabella“, die Sendung, nie verkommen. Wenn es richtig turbulent wurde, hat stets Araballa, die Moderatorin, die allzu wilden Entgleisungen eingefangen und von den Teilnehmern Respekt eingefordert. Genau das soll auch das Prinzip von „Bauer sucht Frau“ bleiben: Liebenswerte Typen zeigen sich und ihren Hof, knüpfen zarte Bande zu präsumtiven künftigen Jungbäuerinnen und lassen sich dabei filmen – aber nie vorführen. „Bei aller Schrulligkeit steht dahinter immer eine ernst gemeinte Suche nach Partnerschaft und Lebensglück“, findet die frischgebackene Landliebe-Vermittlerin, „ich bin sicher, dass ein Grund für den Erfolg in dieser Aufrichtigkeit liegt, da ist eben nichts vorgetäuscht und nichts vorher festgelegt.“ Und sie selbst muss schlagfertig bleiben, mit dem Mikrophon in der Hand, wenn im Hintergrund die Hühner gackern und die Bienen um die Blumenkästen vor den Fenstern schwirren. Spontan und trotz aller Vorbereitung unplanbar – so ist Arabella Kiesbauer ihren Berufsalltag gewohnt, ziemlich lang schon. Gerade hat sie erst den 45er vollendet und blickt doch bereits auf 27 Jahre Fernseh-Erfahrung zurück, immer mehr oder weniger frei sprechend vor der Kamera. Mit 18 landete die Tochter der Schauspielerin Hannelore Kiesbauer und des aus Ghana stammenden Ingenieurs Sammy Am­missah bei der ORF-Jugendsendung X-Large. Da hatte sie gerade eben die Matura gemacht, genauer gesagt das Baccalauréat im Lycée Français in Wien. Arabella, die mit vollem Namen Cosima Arabella-Asereba heißt, ist aufgrund der mütterlichen Abstammung zwar deutsche Staatsbürgerin, wurde aber in Wien geboren und wuchs hier auf. Die unerschrockene Frechheit, mit der sie X-Large-Beiträge ansagte, und natürlich ein wenig auch ihr exotisches Äußeres, brachte sie bald zu ProSieben, wo sie nach kurzer Zeit als Präsentatorin diverser Sendungen jene Talk Show startete, die sie zehn Jahre lang auf Trab halten sollte. Tag für Tag im Nachmittagsfernsehen, fünfmal die Woche, machten die junge Frau berühmt – und der Ruhm brachte weitere Arbeit. 1996 und 1997 sendete ProSieben zusätzlich zum Nachmittagsformat die Abend-Gesprächsrunde Arabella Night. Der Schweizer Rundfunk holte sie in die Jury der Castingshow „Music Star“. Beim österreichischen Pendant „Starmania“ trat sie als Moderatorin auf. Der ORF engagierte sie für den Wiener Opernball, dazwischen probierte ihr Stamm­sender ProSieben sein eigenes Nachwuchsmusiker-Format „Comeback – Die große Chance“.

Auf dem Höhepunkt ihrer Auslastung brachte es Arabella Kiesbauer auf zehn Sendungen in der Woche. Sie hetzte von Studio zu Studio, von Wien nach Zürich und zurück nach München, ein paar Stunden Vorbereitung, ein paar Stunden Aufzeichnung, dann weiter zum nächsten Termin. Kein Wunder, dass sie irgendwann einfach genug hatte: „Ich habe bis zum Anschlag gearbeitet und mehr Zeit auf Flughäfen verbracht als zuhause. Da blutet man aus, wenn man nicht rechtzeitig zu sich selber ,Stopp‘ sagt. Was nutzt einem der ganze Erfolg und das Geld, wenn man keine Zeit mehr für Familie, Freunde, Hobbies und die Erfüllung seiner privaten Träume hat?“ Also schuf sie gründlich und rabiat mehr Raum für die privaten Träume. Im Jahr 2004, als der tägliche Nachmittags-Talk nach 3000 Sendungen dann doch eingestellt wurde, lernte sie den Wiener Personalberater Florens Eblinger kennen. „Es hat recht schnell gefunkt. Irgendwie wussten wir gleich, dass wir zusammen gehören, auch wenn es dann ein paar Wochen gedauert hat, bis wir ernsthaft anfingen, miteinander auszugehen.“ Im November 2004 heirateten die beiden, am 2. Dezember 2007 kam Tochter Nika zur Welt, der Sohn Neo folgte am 19. Dezember 2010. Arabella nutzte das Hinübergleiten in eine stabile Jungfamilie für eine kreative Pause. Obwohl: Völlig weg war sie nie. Ein halbes Jahr nach der Geburt Nikas stand sie für „Starmania“ auf der Studiobühne. Beim Life Ball 2012 und 2013 holte sie für den ORF Promi-Gäste vor die Kamera, dazwischen moderierte sie auf Puls4 die Sendung Kiddy Contest. So richtig durchorganisiert war die Familiengründung ohnehin nicht, behauptet die zweifache Mutter: „Ich will in meinem Privatleben möglichst wenig planen. Im Beruf geht es sowieso immer nach genauen Drehvorgaben und strengen Zeit­budgets. Sicher entgeht einem manches, wenn man nicht plant, aber dafür bleibt man offen für anderes.“
Trotzdem hat die Familie ihr Leben völlig verändert, sagt sie und stutzt dann mitten im Satz: „Nein, eigentlich ist auch das Gegenteil wahr. Vieles ist jetzt anders, aber man muss auf nichts verzichten, was einem vorher wichtig war. Skifahren, Radfahren, Tanzen, ins Theater gehen – das kann man auch gemeinsam.“ Dafür hat sie sich auch viel Zeit genommen in den letzten Jahren, widmete sich den Kindern, vor der Geburt von Neo machte sie mit Mann und kleiner Tochter sogar eine ausgedehnte Südostasienreise, nach Kambodscha, Vietnam. Künftig muss sie mit dem „Bauer sucht Frau“-Team wieder öfter verreisen. Aufs Land fährt sie im Grunde ganz gern, „ich liebe die Ruhe und die Nähe zur Natur, ich gehe gern Wandern und im Winter Schifahren.“ Die Eltern ihres Mannes Florens besitzen ein Haus in Kitzbühel, da verbringt die Familie gern die kalten Tage im Winter, „am liebsten in einer Zeit, wo es ruhig ist. Wir waren aber auch schon wäh­rend des Hahnenkammwochenendes da, das kann ich nur empfehlen, denn da sind alle anderen Pisten leer.“ Trotzdem: Beruflich immer wieder eine Wo­che weg zu sein, getrennt von der Familie – „ich werde noch sehen, ob mir das schwerfällt.“ Nika geht inzwischen ebenfalls ins französische Lycée, in die „Grande Section“, das entspricht dem österreichischen Vorschuljahr, und verblüfft die Mama täglich wieder mit ihrer Neugier und ihrem Hunger auf die Welt. „Forscherin will sie einmal werden“, sagt die Mutter stolz. Neo ist der sportliche Typ, fährt mit seinen 3 Jahren und 4 Monaten schon Ski und Fahrrad und liebt es, zu Trommelrhythmen zu tanzen. Beide Kinder sind optisch übrigens nach dem Vater geraten, niemand hat die dunkle Haut der Mutter oder des Großvaters geerbt. Arabella legt aber Wert darauf, dass die Kinder die afrikanischen Wurzeln der Mutter kennen lernen: „Ich erzähle ihnen immer wieder von Opa Afrika, meinem verstorbenen Vater. In der Wohnung gibt es afrikanische Masken und Bücher zum Thema. Und wir schauen uns zusammen den Globus an, wo man Ghana sehen kann.“

Man muss nie weinen, wenn etwas verloren
geht, es kommt immer wieder etwas Neues vorbei.
Arabella Kiesbauer

Sie selber musste schon früh in ihrer Karriere die bittere Wahrheit erkennen, dass dunkle Hautfarbe böse Anfeindungen auslösen kann. Schon in ihrer X-Large-Zeit kamen rassistisch getönte Briefe in die Redaktion, in der Münchner Zeit wurde das noch ärger. Tragischer Höhepunkt war ein Bombenanschlag am 9. Juni 1995 – Arabella Kiesbauer erhielt eine der Brief­bomben, die der Serienattentäter Franz Fuchs verschickte, zusammen mit einem wirren, feindseligen Brief. Die Bombe explodierte in der Redaktion, eine Assistentin wurde verletzt. Die Begegnung mit dem Alltagsrassismus ließ in der TV-Moderatorin den Entschluss reifen, die Kultur ihres Vaters näher kennen zu lernen – als Kind hatte sie dazu ja keine Gelegenheit gehabt, die Eltern hatten sich 1971 wieder getrennt, Arabella wuchs bei der Großmutter auf. Im Jahr 2007 reiste sie nach Ghana, wo im Süden, in einer ans Meer grenzenden Region, das Volk der Fante lebt, dem ihr Vater angehört. Und damit auch sie selbst, wie die durch und durch europäische Frau schnell feststellen konnte. „Wie hoch der Vogel auch fliegt, seine Federn fallen immer zur Erde zurück“, lautet ein Sprichwort der Fante, und mit diesen Worten wurde die verlorene Tochter von der bis dahin unbekannten Familie willkommen geheißen. „Der Satz sollte ausdrücken, dass Ghana mein Vaterland ist“, erinnert sich Arabella, „ich war zwar lange weit weg, aber alle waren stets überzeugt, dass ich wie selbstverständlich eines Tages würde zurückkommen. Dementsprechend herzlich und wie selbstverständlich war der Empfang, der mir von Anfang an bereitet wurde. Ich fand schnell den Platz in dieser meiner Familie: als Tochter meines Vaters.“
Aus ihrer Spurensuche wurde später das Buch „Mein afrikanisches Herz“. Bis dahin hatte sie nur ein sehr diffuses Bild vom Leben in Westafrika gehabt, zusammengesetzt aus Erzählungen der Mutter und Bildern aus Fernsehdokumentationen oder Büchern. Jetzt durfte sie lange Gespräche mit Familienangehörigen führen – „auf Englisch, leider habe ich es in der Sprache Fante nur zu ein paar Brocken gebracht“ – und hörte Geschichten über ihren Vater, über das Leben in den 1950er-Jahren im Dorf Kuntu an der Küste, wo es keinen Strom gab und die Menschen in Lehmhütten wohnten. Für die Schule hatten die Eltern ihres Vaters schlicht kein Geld, trotzdem wurde er irgendwie unterrichtet und schnitt so gut ab, dass ihn die Verwaltung mit einem DDR-Stipendium zu einer Ingenieursausbildung nach Deutschland schickte. Arabella durfte auch den König der Ashanti treffen, das ist das Volk in der Zentralregion, in der auch Ghanas Hauptstadt Kumasi liegt. Die Ashanti haben parallel zur staatlichen Verwaltung ihre traditionellen Strukturen erhalten, es gibt regionale Räte und ein Oberhaupt über die rund zwei Millionen Angehörigen, den Asantehene. Immer schon gelten die Ashanti als besonders reich, weil auf ihrem Land Gold abgebaut wurde und immer noch wird. Gold spielt bis heute eine wichtige Rolle in der Repräsentation nach außen. Der König, der in den USA studiert hat und akzentfrei Englisch spricht, empfängt Besucher behängt mit Ringen, Ketten und Armbändern, die so schwer sind, dass ihm zwei Handhalter zur Seite stehen, die seine Arme stützen. Man darf ihn nicht direkt ansprechen, sondern muss sich an einen Vermittler wenden, der dann die Worte des Besuchers an den Asantehene weitergibt. Geschichten wie diese haben längst auch in Nika und Neo Neugierde nach Afrika geweckt, sobald sie ein wenig größer sind, werden sie selbst mit nach Ghana reisen dürfen. Doch leben möchte die Mutter dort nicht – „dazu bin ich einfach zu sehr Europäerin, lebe zu sehr im Rhythmus und im Lebensgefühl dieses Kontinents.“ Eins hat ihr die Begegnung mit der fremden Kultur, die doch auch irgendwie ihre eigene ist, aber sehr wohl vermittelt: ein stärkeres Bewusstsein für die Schönheit des Augenblicks, für die Freude am zufälligen Jetzt. Am Genuss zum Beispiel: „Ich esse gern, ich bin auch eine passable Köchin, ich trinke gerne Wein. Das sollte man sich einfach gönnen.“ Arabella liebt die österreichische Küche, „wenn’s geht, nicht allzu deftig, manchmal lasse ich die Kohlenhydrate weg. Aber so ein Zwiebelrostbraten oder ein Kalbsnierenbraten – das gibt Energie, körperlich und seelisch.“

Dass sie nicht gern plant, sondern die Dinge auf sich zukommen lässt – vielleicht klingt in dieser Haltung ja ein Echo der afrikanischen Lebensart nach. „Man muss nie weinen, wenn etwas verloren geht, es kommt immer wieder etwas Neues vorbei“, sagt sie zum Beispiel. Und sie war fasziniert von der Spiritualität der Fante, obwohl sie selbst so gar keinen Hang zum Esoterischen zeigt, „ich bin nämlich ein typischer Widder, skeptisch, impulsiv, aufbrausend, ein Bauchmensch“. Nur einmal, da hat sie eine Freundin zu einer Wahrsagerin mitgenommen, hier in Wien, und das war dann doch ein recht merkwürdiges Erlebnis. Die aufgeklärte Europäerin ging ungläubig lächelnd hin, in einer Mischung aus Neugierde und dem Wunsch, die psychologischen Tricks hinter dem Clairvoyance-Zauber zu entlarven. Jedoch: „Ich habe fast alles mitgeschrieben, was die Dame sagte, das Heft dann irgendwo liegen gelassen und ein halbes Jahr später wieder gelesen. Es war zum Erschrecken, wieviel davon gestimmt hat – dass ich mich von meinem Freund trennen würde, dass beruflich große Änderungen bevorstehen, noch ein paar sehr persönliche Dinge ebenfalls.“
Als sie Verwunderung, Unruhe und Verblüffung überwunden hatte, zog Arabella aus ihrer Erleuchtung den für sie logischen Schluss: „Ich gehe nie wieder zu einer Wahrsagerin.“
Das Gespräch führte Clemens Hirtenberger