Jede Frau kann attraktiv sein, wenn sie sich nur traut – und wenn Estée Lauder ihr dabei hilft. Mit dieser Philosophie wurde aus dem kleinen Hautcreme-Familienbetrieb einer der wichtigsten Konzerne der Luxusbranche. Und eine gebürtige Wienerin hat dazu entscheidend beigetragen.

Manche Geschichten müssen einfach am Ende beginnen – oder wenigstens an einem Ende. Am 12. November 2011 verstarb Evelyn Lauder im Alter von 75 Jahren in New York City. Die gebürtige Evelyn H. Hausner war in der Nazizeit mit ihren Eltern aus Wien nach Amerika geflohen, hatte dort 1958 am einst nur für Frauen zugänglichen Hunter College ihren Universitätsabschluss gemacht und im selben Jahr ihren späteren Ehemann Leonard Lauder bei einem Blind Date kennengelernt. Viel besser hätte sie es gar nicht erwischen können: Der damals 26jährige Leonard war der Sohn der Kosmetikunternehmerin Estée Lauder – und heiratete die junge Exil­-Öster­rei­cherin im Hochsommer 1959. Dank der guten Partie konnte Evelyn es sich leisten, ihren Job als Lehrerin aufzugeben und in die 13 Jahre zuvor gegründete Firma ihrer Schwie­germutter einzusteigen. „Damals hatten wir fünf Produk­te und nur drei Lippenstiftfarben“, erinnerte sie sich einmal an ihre Anfangszeit. Als Direk­torin für Produktentwicklung und Marketing war sie später in hohen Maße dafür verant­wort­lich, dass aus dem Famili­enbe­trieb ein in­ter­­nationaler Luxus­kon­zern wurde. Ihre Unterrichtserfahrung kam ihr bald nach dem Einstieg ins Unternehmen zugute. Evelyn rief das Markenschulungsprogramm von Estée Lauder ins Leben und schwor die Mitarbeiter auf die Brand ein, die in den kommenden Jahrzehnten markttechnisch so wichtig und um immer neue prominente Marken­namen erweitert werden sollte. Doch sie war nicht nur hinter den Kulissen und in der Direktionsetage aktiv, sondern überprüfte höchstpersönlich Make-up-Farbtöne, stand in Geschäften hinter dem Verkaufstresen und hatte immer wieder direkt mit den Kunden zu tun. Dass sie damit dem Beispiel der Firmen­gründerin folgte, war kein Zufall, sondern umsatz- und prestigesteigernde Absicht.

American Dream

„Jede Frau kann schön sein“ lautete das vielversprechende Motto von Estée Lauder, deren 1946 gegründete kleine Kosmetikfirma nicht zuletzt deshalb zum Beauty-Imperium und zu einer typisch amerikanischen Erfolgsgeschichte wurde. Geboren wurde die später als „Kosmetik-Königin“ bekannte Geschäftsfrau 1906 im New Yorker Stadtteil Queens als Josephine Esther Mentzer. Ihre Eltern, eine ungarische Jüdin und ein tschechischer Jude, waren europäische Auswanderer, die in den USA ganze neun Kinder in die Welt setzten und mit einer kleinen Eisenwarenhandlung knapp über die Runden kamen. Beim Aushelfen im Geschäft ihres Vaters erlernte das Mädchen mit dem Spitznamen Esty (den ihr Vater wie „Estée“ aussprach) den Umgang mit Kunden und entwickelte ein Faible für den Einzelhandel – kombiniert mit dem Wunsch, reich und berühmt zu werden, am liebsten als Schauspielerin. Ihr Interesse für Schönheit erwachte erst im High-School-Alter. Damals zog ihr Onkel, der ungarische Chemiker und Apotheker Dr. John Schotz, ins Haus der Familie und mixte erst in der Küche und später in einem Hinterhofschuppen Schönheitscremes zusammen. Schotz vertrieb seine Cremes, Rouges und Düfte über eine Firma namens New Way Laboratories und brachte Esther die Grundlagen der Kosmetik bei; bald durfte sie auch selbst Cremes nach seinen Rezepten herstellen.

„Es gibt keine hässlichen Frauen. Es gibt nur Frauen, die keinen Wert auf ihr Aussehen legen oder nicht daran glauben, dass sie attraktiv sind.“
Estèe Lauder

Nach der Schule fing sie kein Studium an, sondern stieg ins Geschäft des Onkels ein. Esther gab einem seiner Produkte den attraktiven Namen „Super Rich All-Purpose Cream“ und verkaufte diese Hautcreme für alle Zwecke zuerst an ihre Freundinnen und bei Hausfrauenpartys; später ging sie auch direkt in Schönheitsinstitute, Hotels und Strandclubs, um die edlen Cremes direkt an die Frau zu bringen. Ihre Philosophie war ebenso einfach wie erfolgsträchtig: Man muss die Kundin berühren, ihr die Zusammensetzung und den Effekt der Schönheitsmittelchen genau erklären und ihr die Wirkung am eigenen Gesicht vorführen. Es dauerte nicht lange, bis auch prominente New Yorker Kaufhäuser wie Saks in der Fifth Avenue die hausgemachten Kosmetika – darunter die „Six-In-One Cold Cream“ und „Dr. Schotz Viennese Cream“ – führten. Bald lernte „Esty“ im Big Apple auch einen erfolgreichen Seiden-, Knopf- und Kurzwarenhändler namens Joseph Lauter kennen, den sie am 15. Jänner 1930 ehelichte; ihren Nachnamen ließen die beiden dann auf „Lauder“ ändern. Sie schenkte ihm einen Sohn (Leonard, geboren 1933). Doch die Ehe hielt im ersten Anlauf nur neun Jahre lang, dann verlangte Esther die Scheidung und übersiedelte nach Florida – nur um Joseph drei Jahre später ein zweites Mal vor Gott und dem Standesamt zum Manne zu nehmen. „Ich habe sehr jung geheiratet und mir eingebildet, etwas verpasst zu haben“, erzählte sie später. „Aber in der Zeit, als ich alleine war, wurde mir klar, dass ich den reizendsten Ehemann der Welt hatte.“ 1944 wurde ihr zweiter Sohn Ronald geboren, und zwei Jahre danach gründete sie mit Joseph (mit dem sie bis zu seinem Tod 1982 zusammenblieb) offiziell die Firma „Estée Lauder Companies“, die sich in den folgenden Jahrzehnten zum Luxus-Multi entwickeln sollte.

Proben und Propaganda

„Telephone, Telegraph, Tell A Woman“ lautete einer der wichtigsten Slogans Estée Lauders. Schwer übersetzbar – aber im wesentlichen geht es darum, dass sich der Ruf eines guten Produkts unweigerlich durch Mundpropaganda verbreitet. Um das zu erreichen, war die Firmengründerin stets präsent, erforschte die Wünsche und Bedürfnisse ihrer Kundinnen, entwickelte selbst Make-up, Düfte und Verpackungsdesigns, reiste zur Eröffnung jedes neuen Geschäfts an und blieb dann gleich eine Woche dort, um ihre neuen Schönheitsberaterinnen einzuschulen. Schon in der Frühzeit des Unternehmens hatte das Verkaufstalent eine Idee, die seither längst zum Parfümeriestandard geworden ist: kostenlose Proben. Sie nannte dieses damals sehr innovative Werbekonzept „Gift with Purchase“ – wer ihr etwas abkaufte, bekam kleine Probepackungen anderer Estée-Lauder-Produkte dazu geschenkt. Berühmten Damen, denen das Beste bekanntlich gerade genug ist, ließ sie ihre Beauty-Geschenke auch ohne vorherigen Einkauf zukommen, weil sie um den Promi-Effekt wusste. Fürstin Gracia Patricia von Monaco (alias Grace Kelly) soll einmal gesagt haben: „Ich kenne sie zwar nicht sehr gut, aber sie schickt mir immer ihre Sachen.“

Später war Esty die erste, die Supermodels und andere Stars wie Gwyneth Paltrow, Elizabeth Hurley oder Bruce Boxleitner als „Gesichter“ ihrer Kosmetikerzeugnisse engagierte. Auf diese Art und durch ihren unermüdlichen persönlichen Einsatz schaffte es die Frau, die mittlerweile nur mehr unter ihrem Firmennamen Estée Lauder bekannt war, sich gegen ihre mächtigen Konkurrentinnen auf dem Make-up- und Pflegesektor, Elizabeth Arden und Helena Rubinstein, durchzusetzen. Ihren ersten Duft „Youth Dew“ brachte sie 1953 auf den Markt. Im Gegensatz zu den edlen französischen Parfüms, von denen sich die Dame von Welt ein Tröpfchen hinters Ohr träufelte, konnte frau die Mischung aus Badeöl und Parfüm einfach ins Badewasser gießen und so am ganzen Körper gut riechen. Estée Lauder wurde von Time als einzige Frau in die Liste der 20 erfolgreichsten Geschäftsleute des 20. Jahrhunderts aufgenommen, erhielt von Präsident Bush jun. die amerikanische Freiheitsmedaille und war bis 1996 in der Geschäftsleitung ihres mittlerweile milliardenschweren Unternehmens tätig. Sie starb im Alter von beinahe 98 Jahren an Kreislaufversagen und war bei ihrem Tod eine der reichsten Frauen der Welt. Kein Wunder, hielt sie sich doch ihr ganzes Leben an ihre gewinnbringende Maxime: „Ich habe keinen Tag in meinem Leben gearbeitet, ohne etwas zu verkaufen. Wenn ich an etwas glaube, will ich es um jeden Preis verkaufen. Und wenn du nicht verkaufen kannst, dann liegt das nicht daran, dass etwas mit dem Produkt nicht stimmt – sondern mit dir.“

Weißer Mantel

„Es gibt keine hässlichen Frauen. Es gibt nur Frauen, die keinen Wert auf ihr Aussehen legen oder nicht daran glauben, dass sie attraktiv sind.“ Auch die nächsten Angehörigen der Fir­men­gründerin widmeten sich Estées Mission, Schönheit zu demokratisieren und damit eine Menge Geld zu verdienen – mit der Aus­nah­me des ebenfalls milliardenschweren Soh­nes Ronald Lauder, der für die Repu­blikaner politisch tätig wurde, unter Reagan US-Bot­schafter in Wien war und sich vehement für jüdische und israelische Interessen einsetzt. Leo­nard und seine Frau Evelyn jedoch arbeiteten daran, das Kosmetikunternehmen Estée Lauder zu einem der global bedeutendsten zu machen. Heute sind unter dem Dach der Estée Lauder Companies ganze 27 Marken versammelt, die Produkte des Imperiums werden in aller Welt verkauft – und die Firma ist laut Schätzungen etwa zehn Milliarden Dollar wert. Der Umsatz des Konzerns betrug im Jahr 2009 7,32 Mil­liarden Dollar, als Nettogewinn blieben 218 Millionen Dollar übrig. Nach dem Tod Evelyn Lauders verblieb der Witwer Leonard als Vor­standschef im Unter­neh­men, das nunmehr von Estées Enkel Wil­liam P. Lauder als Geschäftsführer geleitet wird.

Evelyn, mit der diese Story begann, wurde nicht nur für ihr Engagement im Kampf gegen Brustkrebs bekannt, sondern ist auch aus der Firmenhistorie nicht mehr wegzudenken. Sie schuf Clinique, eine der wichtigsten Marken des Unterneh­mens, und entwickelte nicht nur die medizinisch getesteten Produkte dieser garantiert allergenfreien Kosmetikserie, sondern auch – ganz im Sinne ihrer Schwiegermutter – die Verkaufsphilo­so­phie dahinter: Evelyn Lauder war die erste, die bei der Vorstellung der Cli­nique-Linie den berühmten weißen La­bormantel trug, der für Verläss­lich­keit, Professionalität und nicht zu­letzt Bescheidenheit steht und noch heu­te alle Clinique-Beraterinnen kleidet. Als jahrzehntelanger kreativer Kopf des Unternehmens und Erfinderin von legendären Estée-Lauder-Düften wie „Pleasures“, „Happy“ und „Beautiful“ stand sie auch privat für diese Eigenschaften. In einem Interview mit der amerikanischen Zeitschrift Washington Life sagte sie über die größte Leistung ihres Lebens: „Das ist schwer zu sagen – aber ich glaube, dass alle Frauen ein Nest brauchen. Und dass aus diesem Nest ihre Küken kommen sollen. Meine größte Leistung sind meine Kinder, die anständige, wunderbare Menschen geworden sind. Ich freue mich, dass meine beiden Söhne ebenso wunderbare Frauen gefunden haben und selbst erfolgreich geworden sind. Das ist für mich das Wichtigste im Leben.“

www.esteelauder.com


Beauty & Prestige

Die wichtigsten internationalen Marken aus dem Portfolio von Estée Lauder:

LADIES‘ CHOICE
Estée Lauder „Jede Frau kann schön sein“, proklamierte die legendäre Firmengründerin. Mit den Pflege- und Schönheitsprodukten ihrer bekanntesten Marke ist das wahrlich keine Kunst …
American Beauty „Luxus für den Alltag“ – Hautpflege, Make-up und Parfums Prescriptives: individuelle Make-up- und Hautpflegeprodukte für die moderne Frau. Nur mehr online erhältlich.
M°A°C Die Make-Up Art Cosmetics, hergestellt von einer 1984 in Toronto gegründeten Firma, ursprünglich nur für Stylisten, jetzt in 79 Ländern für Endkunden erhältlich
La Mer Haut- und Augenpflege, Sonnenschutz etc., „aus dem Meer direkt auf die Haut“; deutsche Firma, die seit 1995 zum Lauder-Konzern gehört
Bobbi Brown nein, nicht der Rapper, der Whitney auf Crack brachte – sondern eine Visagistin, die ihre erfolgreiche Make-up-Linie 1995 an Estée Lauder verkaufte
Jo Malone Düfte, Badeöle, Kerzen und ähnliches Wohlriechendes von der 1999 erworbenen britischen Luxusmarke
GoodSkin Labs von Medizinern entwickelte Hautpflegeprodukte im Apothekendesign Missoni die Duftlizenz zur Kleidung des italienischen Strickmode-Designers
FOR REAL MEN
Aramis Mit einem Duft für Herren startete das Unternehmen 1964 seine erste Pflegelinie für den Mann von Welt. Heute legen auch Damen Aramis-Parfums auf.
Lab Series Hautpflege für Herren – an den Lifestyle des Mannes von heute angepasst Ermenegildo Zegna elegante Herrendüfte und Pflegeprodukte, Lizenz des italienischen Designer-Hauses
HIS & HERS
Clinique Hautpflege, Kosmetik, Düfte, Make-up, seit 1968 am Markt, allergiesicher
Origins Bio-Hautpflege-, Make-up-, Rasier- und Badezimmerluxus, natürlich
Tommy Hilfiger Düfte und Körperpflege, passend zur klassisch-amerikanischen Coolness des Modemachers
Kiton edle Parfüms, in Lizenz für den italienischen Mode-Designer hergestellt
Donna Karan die Kosmetik- und Badeprodukte sowie Düfte der US-Modemacherin
Aveda Haut- und Haarpflege, rein pflanzlich, nach dem Ayurveda-Prinzip
Michael Kors alles für den gepflegten Jet-set-Lifestyle nach der Philosophie des amerikanischen Designers
Tom Ford Kosmetik und Düfte des Designers und Regisseurs („A Single Man“)